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Fahrbericht BMW i8: Zwischen Racer und Saubermann

Nach sechs ereignisreichen Tagen mussten wir uns vorgestern wieder von unserem BMW i8 Testwagen trennen. Mit dem Plug-in-Hybrid-Sportwagen haben wir den Concorso d’Eleganza Villa d’Este besucht und den derzeit futuristischsten BMW am Comer See mit einem historischen BMW 3.0 CSL zusammengebracht (zum Fahrbericht).

Doch man muss nicht aus einem Fahrzeug von 1972 in den i8 steigen, um den einzigartigen Charakter dieses Fahrzeugs erleben zu können. Auch ein knappes Jahr nach dem Marktstart ist der Flügeltürer ein absoluter Hingucker und wird von Passanten aller Altersgruppen mit großen Augen betrachtet. Wie schon in Los Angeles wurden wir auch in Europa gefragt, wann dieses vermeintliche Concept Car wohl in Serie gehen würde – und nach einer kurzen Aufklärung nicht selten mit ungläubigen Blicken bedacht.

Aber das nicht nur Laien an ein Concept Car erinnernde Design bringt neben unübersehbaren Vorzügen auch eine Hand voll Nachteile mit sich: Sowohl die Übersichtlichkeit als auch das Platzangebot sind für BMW-Verhältnisse unterdurchschnittlich, speziell der offiziell 154 Liter fassende Kofferraum kommt sehr schnell an seine Grenzen. Hinzu kommt, dass der unmittelbar an den Ottomotor grenzende Gepäckraum bei sportlicher Fahrweise ziemlich warm werden kann.

Wer mit dem i8 längere Ausflüge plant, muss die Rückbank in seine Planungen einbeziehen. Hier lassen sich problemlos kleinere Koffer verstauen,  weshalb auch ausgedehnte Urlaubsfahrten zu zweit kein echtes Problem darstellen. Die beiden Einzelsitze im Fond bieten ansonsten auch Erwachsenen genügend Platz auf kürzeren Strecken, wirklich bequem ist es im Fond aber nicht. Das gilt auch für den Ein- und Ausstieg durch die Flügeltüren, der sich für Fond-Passagiere noch etwas komplizierter gestaltet als für die Insassen der ersten Reihe.

Wenn der Einstieg gelungen und die Flügeltür geschlossen ist, kommt im i8 sofort Sportwagen-Feeling auf. Die Sitzposition ist tief, links und rechts werden die Insassen von der Carbon-Fahrgastzelle umfasst, das Cockpit ist deutlich auf den Fahrer zugeschnitten. Doch nach dem Druck auf den Startknopf erwacht anders als bei gewöhnlichen Sportwagen kein großvolumiges Triebwerk zum Leben, nur eine kurze Melodie weist den Fahrer auf die Einsatzbereitschaft des Fahrzeugs hin.

Rein elektrisch und daher praktisch lautlos rollt der BMW i8 von seinem Parkplatz. Dieser Auftritt zieht dabei mindestens so viele erstaunte Blicke auf sich wie das fulminante Grollen, mit dem Sportler aus einer anderen Zeit seit vielen Jahrzehnten Eindruck hinterlassen. Im BMW i8 schaltet sich der Verbrennungsmotor erst bei stärkerem Druck aufs Gaspedal hinzu, bleibt dabei aber zumindest im Comfort-Modus stets dezent im Hintergrund.

Bei niedrigen Drehzahlen und geringer Last hört man dem Heckmotor seine drei Zylinder durchaus an, das souverän-gelassene Brabbeln anderer Sportwagen kann der i8 aus naheliegenden Gründen nicht bieten. Andererseits: Im Alltag ist der Verbrennungsmotor fast nie in diesem Arbeitsfenster tätig, schließlich ist für derartige Aufgaben der E-Motor in der Front zuständig.

Im Sport-Modus ändern sich Sound und Verhalten des i8 sofort: Der Dreizylinder läuft nun permanent und ist akustisch erheblich präsenter als zuvor, auch die Reaktion des Antriebsstrangs auf Gaspedal-Befehle ändert sich dramatisch. Lässt der i8 im Comfort-Modus stets seinen etwas gelasseneren Charakter durchscheinen, reagiert er nun vehement auf Beschleunigungswünsche und profitiert dabei vom verzögerungsfrei anliegenden Drehmoment des Elektromotors.

Wird vor einem Überholvorgang per Schaltwippe der richtige Gang der Sechsgang-Automatik eingelegt, ist auch der Verbrenner sofort zur Stelle. Kommt der Kickdown hingegen unerwartet, spürt man die unterschiedliche Potenz der beiden Motoren deutlich: Während das Getriebe noch den richtigen Gang für den Verbrenner sucht und dessen Turbolader Druck aufbaut, setzt bereits die Beschleunigung des 131 PS leistenden E-Motors ein. Wenige Augenblicke später übernimmt der 231 PS starke Dreizylinder das Kommando und sorgt für spürbar mehr Druck im Kreuz.

Sorgen um die Verfügbarkeit der elektrischen Zusatz-Power muss man sich abseits der Rennstrecke selbst dann nicht machen, wenn man den i8 niemals mit frischem Strom aus der Steckdose versorgt. Nähert sich die Kapazität des Lithium-Ionen-Akkus ihrem Ende, wird die Batterie mit Hilfe des Verbrenners neu aufgeladen. Innerhalb weniger Minuten mit laufendem Verbrenner sind bereits wieder einige Kilometer elektrische Reichweite vorhanden.

Abgesehen vom Rennstrecken-Betrieb mit permanentem Dauer-Vollgas kommen die i8-Akkus daher praktisch nie an ihre Grenzen. Wenn auf öffentlichen Straßen im Sportmodus zügig gefahren wird, sammelt der i8 nach Erreichen der gewünschten Geschwindigkeit stets genügend elektrische Reichweite für die nächste Ortsdurchfahrt. So kann der Plug-in-Hybrid außerorts sehr dynamisch und in Wohngegenden völlig emissionsfrei gefahren werden.

Während der BMW i8 die ihm gestellten Aufgaben auf Autobahnen und Landstraßen mit langgezogenen Kurven souverän meistert, kommen die schmalen Reifen auf engen Serpentinen schnell an ihre Grenzen. Die erzielbaren Kurvengeschwindigkeiten liegen auf diesem Terrain spürbar unterhalb des Niveaus konventioneller Sportwagen, dank tiefem Schwerpunkt und ausgeglichener Gewichtsverteilung aber ebenso deutlich über dem automobilen Durchschnitt. Das Fahrwerk findet dabei einen sowohl im Alltag als auch auf längeren Strecken angenehmen Kompromiss zwischen sportlicher Härte und dem nötigen Restkomfort.

Und was verbraucht er nun? Noch stärker als bei fast allen anderen Autos lautet die richtige Antwort auf diese Frage “kommt drauf an”, denn im Fall des BMW i8 hängen Verbrauch und Emissionen noch stärker von Fahrweise und Nutzungsverhalten ab als üblich.

Wer den Flügeltürer über Nacht lädt und seinen Gasfuß auf dem Weg zur Arbeit zügeln kann, rollt tatsächlich mit 0,0 Liter Spritverbrauch durch die Stadt und kann Diskussionen über zu hohe Benzinpreise ganz entspannt als Außenstehender verfolgen. Wer es jedoch krachen lässt, auf der Autobahn häufig mit über 200 km/h unterwegs ist und den i8 praktisch nie an die Steckdose hängt, schafft unter Umständen sogar einen zweistelligen Verbrauch.

Wer es auf der Autobahn über längere Zeit fliegen lässt, muss allerdings nicht nur einen erhöhten Verbrauch in Kauf nehmen: Weil der Kraftstoff-Tank aus Packaging-Gründen eine relativ verzweigte Form hat, muss er bei hohem Kraftstoff-Bedarf oder annähernd leerem Tank unter hohen Druck gesetzt werden. Will man nun tanken, muss dieser Überdrück erst abgebaut werden – was durchaus Geduld fordern kann. Laut Handbuch kann es bis zu zehn Minuten dauern, bis sich der Tankdeckel öffnen lässt – ein Zeitraum, der sich untätig an der Tankstelle sitzend ziemlich in die Länge ziehen kann. Wann immer möglich sollte man Tankstopps daher kurz nach Fahrtantritt oder nach einigen Minuten ruhiger Fahrweise absolvieren, in diesem Fall dauert der Druckausgleich nur wenige Sekunden.

Fazit

Der BMW i8 ist keine eierlegende Wollmilchsau. Sein einzigartiges Anforderungsprofil verlangt nach einem Spagat, den der sparsame und zugleich sportliche Hybrid-Sportwagen auf beeindruckende Art und Weise meistert. Ihm gelingt dabei aber erwartungsgemäß nicht die Quadratur des Kreises, denn natürlich sind konsequent auf maximale Effizienz ausgelegte Fahrzeuge noch sparsamer und konsequent auf Performance getrimmte Sportwagen noch dynamischer als der i8. Wer jedoch nach einem grünen Sportwagen sucht und bereit ist, bei der Auflösung dieses Widerspruchs ein paar Kompromisse einzugehen, findet mit dem BMW i8 einen rundum faszinierenden Begleiter. Je nach Fahrweise wandelt der Flügeltürer zwischen Saubermann und Racer und erlaubt so eine Kombination von Fahrspaß und grünem Gewissen, wie man sie derzeit nirgendwo sonst findet.

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