Ohne direkten Vergleich dürfte so mancher das BMW 6er Facelift 2015 nicht als neues Modell wahrnehmen, aber bei genauerer Betrachtung haben die Münchner der 6er-Reihe doch einige Veränderungen spendiert. Für einen ersten Fahrbericht konnten wir am Steuer des BMW 650i Coupé (F13 LCI) mit M Sportpaket Platz nehmen und das Oberklasse-Coupé auf den kurvigen Straßen rund um Lissabon bewegen.
Die wichtigsten Neuerungen beim Exterieur betreffen die Schürzen an Front und Heck, die von den Kotflügeln in die Außenspiegel gewanderten Seitenblinker und die neu gestaltete Doppel-Niere. Durch die Reduzierung von zehn relativ schmalen auf neun etwas markantere Nieren-Streben wirkt der 6er noch präsenter, der Knick in den Streben beschert ihm in der Seitenansicht einen an den Urahn der Generation E24 angelehnten Sharknose-Effekt.
Auch nach dem Einsteigen verraten nur wenige Details das Facelift, so kommt künftig eine gehärtete Glas-Scheibe auf dem 10,2 Zoll großen Infotainment-Display zum Einsatz und lässt den freistehenden Monitor noch etwas hochwertiger wirken.
Auf den ersten Metern in der Stadt und auf der nahen Autobahn bleibt der aufgefrischte BMW 6er im Comfort-Modus, feines Nappa-Leder und die optisch wie akustisch beeindruckende Bang & Olufsen High End Surround Sound-Anlage machen die Fahrt im BMW 650i Coupé zu einem wahrhaft erhabenen Erlebnis.
Komfort und Luxus finden sich nicht nur hinsichtlich extrem bequemer Sitze und hochwertiger Materialien, auch der Antriebsstrang vermittelt in jeder Lebenslage ein souverän-überlegenes Gefühl. Trotz der nun bei allen Benzinern serienmäßig verbauten Sportabgasanlage bleibt der V8-Biturbo akustisch dezent im Hintergrund, die ZF Achtgang-Automatik lässt den voluminösen Achtzylinder bei gemächlicher Fahrweise mit niedrigen Drehzahlen arbeiten.
Das ist nicht weiter tragisch, denn das maximale Drehmoment von 650 Newtonmeter steht bereits ab 2.000 U/min zur Verfügung. Trotzdem gibt es gewaltige Argumente für die Nutzung höherer Drehzahlen – genauer gesagt klanggewaltige: Bei mehr als 3.800 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute öffnet sich eine Klappe in der Abgasanlage und lässt die Abgase fortan auch über das zweite der beiden Endrohre entweichen. Das Resultat ist ein Sound, der V8-Freunden sofort wohlige Schauer über den Rücken jagt und das zweite Gesicht des neuen 650i zeigt, der aller Gelassenheit zum Trotz auch die böse Tour beherrscht.
Mit steigender Drehzahl bietet der V8 nicht nur mehr Lautstärke, dann der geöffneten Klappe klingt das zuvor unauffällig arbeitende Triebwerk plötzlich wie ein echter Sportmotor. Herrlich-ungefiltertes Sprotzeln gehört dabei ebenso zum Klang-Repertoire wie der unverwechselbare und in unseren Downsizing-Zeiten durchaus mit einer gewissen Wehmut wahrgenommene Sound eines hart arbeitenden Achtzylinders – an den handzahmen und kultivierten Motor, den man wenige Sekunden zuvor gefahren ist, erinnert in diesen Momenten kaum noch etwas.
Endgültig in den vorübergehenden Ruhestand geschickt wird das B&O-Soundsystem mit zwei Klicks auf den Fahrerlebnisschalter, denn in den Modi Sport und Sport+ ist die Klappe der Abgasanlage permanent geöffnet. Außerdem verbessert sich das Ansprechverhalten des V8-Triebwerks dramatisch, was den Spieltrieb fördert und den 6er auf Knopfdruck beinahe zum M6 werden lässt.
Auch das im Rahmen des Facelifts mit neuen Kennlinien für die adaptiven Dämpfer überarbeitete Fahrwerk passt sich dem Wunsch des Fahrers nach mehr Dynamik an, die optionalen Hightech-Komponenten vom Wankausgleich Dynamic Drive bis hin zur Integral-Aktivlenkung mit gelenkten Hinterrädern lassen das Leergewicht von rund 1,8 Tonnen in vielen Kurven vergessen und den 6er erstaunlich handlich wirken.
Der seit seinem Marktstart im Jahr 2011 über 85.000 Mal verkaufte BMW 6er zeigt damit, wie groß die Spreizung zwischen komfortablem und sportlichem Setup heutzutage sein kann. Die Modellpflege legt somit den Grundstein für eine zweite Lebenshälfte, in der sich die sportliche Luxusklasse aus München weiter verfeinert und attraktiver als jemals zuvor präsentiert.