Der BMW i3 ist ein Stadtauto, sagen sie. Ein Auto für den täglichen Weg zur Arbeit, ideal für Pendler, die sich geräuschlos im morgendlichen Berufsverkehr anstellen wollen. Wir sehen das etwas anders, denn eigentlich ist das erste Serienprodukt von BMW i viel zu schade für endlose Staus und die tägliche Dosis Strom aus der immer gleichen heimischen Wallbox. So testen wir nun ganz neue Qualitäten des 170-PS-Elektroautos – bei einem ausgiebigen Roadtrip, der uns über knapp 1.700 Kilometer durch Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich und Schweiz bis in die BMW-Hauptstadt München führen wird.
Reise und E-Mobil? Ja, da werden sie hellhörig, jene Elektroauto-Pioniere, die in Internet-Foren von ihren wahnwitzigen Trips berichten; von Reichweitenangst und Wolldecken, in die gehüllt sie auf dem Fahrersitz bei winterlichen Temperaturen die letzten Kilometer aus ihren Akkus quetschen. Nein, das haben wir nicht vor. Ganz und gar nicht. Schließlich bietet BMW den i3 mit einem zweizylindrigen Range Extender im Heck an, der den Ladestand des Akkus ganz fossil mit Superbenzin halten kann und so auch Touren von 200 Kilometern am Tag nicht zu einem irrsinnigen Wagnis werden lässt.
Dennoch gehen wir die Sache natürlich nicht unvorbereitet an. Übernachtungsmöglichkeiten auf den einzelnen Etappen sind vorgebucht, die Route über den äußerst komfortablen Planer von BMW Connected Services – ein Dienst, den unser BMW i3 Rex mit Navi Professional unterstützt – vorgezeichnet und drahtlos auf das Auto übertragen. Dazu haben wir eine Chipkarte für das ChargeNow-Ladesäulennetz dabei und auf dem iPhone tummeln sich die dazugehörige Intercharge-App sowie i-Remote (damit kann man den Ladestand überwachen und etliche andere Funktionen steuern). Vor der Garage lädt über Nacht der in Andesitsilber lackierte Testwagen, damit wir morgens mit voller Batterie und betanktem Range-Extender starten können.
BMW i3 Rex Roadtrip Etappe Eins: Von Köln nach Maastricht
Nach einem Ausflug zum Baumarkt, wo wir noch für Notfälle ein 10-Meter-Verlängerungskabel kaufen, beladen wir den recht kompakt gehaltenen i3-Kofferraum. Mit steilgestellten Rücksitzlehnen und etwas Erfahrung in „Tetris“ lässt sich das Gepäck für zwei Personen und zehn Tage Fahrt aber vernünftig verstauen – selbst wenn man auf die Frage der Begleitung, ob sie sich mit Gepäck zurückhalten müsse, nur abwesend den Kopf geschüttelt hat. Einzig das Türkonzept mit den gegenläufig angeschlagenen Hintertüren erweist sich als unpraktisch – egal, dafür sieht’s klasse aus!
Mit einem Ruck am schneckenartig gestalteten Wählhebel neben dem Lenkrad starten Redakteur und Begleiterin schließlich mit besten Erwartungen völlig lautlos in Richtung Maastricht. Naturgemäß will man sich bei einem Roadtrip nicht unnötig lang auf irgendwelchen eintönigen Bundesautobahnen aufhalten – schon gar nicht mit einem Elektroauto, das angeblich ja die Großstadt seinen natürlichen Lebensraum nennt. Da das rheinische Braunkohlerevier einen allerdings höchstens mit der spontanen Abwesenheit der im Navi verzeichneten Landstraße (dort ist seit neuestem Tagebau) überraschen kann, entscheiden wir uns doch bis Aachen für den schnellsten Weg.
Komfortabel und vor allem flüsterleise rollt der i3 auf die Autobahn. Die Windgeräusche werden mit Tritt auf das Fahrpedal etwas präsenter, man hört die widerstandsarmen 55er Reifen abrollen – erst jetzt wird einem bewusst, was für eine Geräuschkulisse ein Verbrennungsmotor eigentlich entwickelt. Wir sind uns einig: das Harman & Kardon Soundsystem bleibt heute aus, Stille genießen ist angesagt. Auch der Reichweitenanzeige am Display hinter dem Lenkrad schenken wir auf unserer 100-Kilometer-Etappe erstmal keine Beachtung – schließlich gibt es in Maastricht ein hervorragend ausgebautes Netz von Schnellladesäulen.
Kurz hinter Aachen starten wir über das iDrive den Range Extender, der leise sirrend den Ladestand der Batterie auf einem relativ konstanten Level hält. Nur bei höheren Geschwindigkeiten und starkem Beschleunigen – übrigens einer der absoluten Kernkompetenzen des i3, doch dazu später mehr – wird der Klang des Motorradmotors wirklich präsent.
Links und rechts der Landstraße fällt immer wieder die moderne Architektur holländischer Bürogebäude und Wohnhäuser auf, die mit großen Fenstern und klaren Formen ganz hervorragend zum futuristisch gestylten i3 passt. Überhaupt: dank umfassender staatlicher Subventionen sind in den Niederlanden Elektroautos und Plug-in-Hybride längst selbstverständlich geworden – entsprechend anders als in Deutschland wird auch unser Testwagen von den Passanten begutachtet. Wissende Blicke statt stirnrunzelnder Verwunderung. „Ist das der mit Range Extender?“, fragt uns ein älterer Herr bei einem Foto-Halt.
Schließlich erreichen wir ohne Stress oder gar Reichweitenangst den historischen Stadtkern von Maastricht. Lässig parkt der i3 vollautomatisch in die enge Parklücke neben einer Ladesäule ein, die uns soeben eine Dame mit ihrem Toyota Prius Plug-in überlassen hat. Wir holen das Schnellladekabel aus der Luke an der Front und halten, das wohlverdiente Abendessen fest im Blick, unsere Charge-Now-Karte vor den Scanner. „Karte nicht erkannt“, sagt das System auf Holländisch. Ja, nun hört man ihn schon wissend kichern, den Elektroautopionier vom Anfang.
Nach zwei weiteren vergeblich besuchten Schnellladestationen meldet sich der i3 –sogar per SMS- mit der Information, dass die Batterie allmählich neuen Saft braucht. Anfängerfehler: Range Extender zu spät hinzugeschaltet. Schließlich startet der Benziner erst ab einer gewissen Geschwindigkeit und generiert nicht mehr Energie, als der Elektromotor gerade braucht.
Das begeisterte Lächeln auf dem Beifahrersitz weicht einer gewissen Anspannung: Ist es am Ende der BMW i3, der mit uns Urlaub macht, und nicht umgekehrt? Doch bevor anklingende Zweifel konkret werden können, liefert die Außensteckdose am Fahrradschuppen des Bed & Breakfast den Beweis, dass es immer irgendwie eine Lösung für derartige Probleme gibt. Ja, da ist sie wieder, die Abenteuer-Roadtrip-Laune! Wäre doch langweilig, wenn alles nach Plan laufen würde. Und so stoßen wir bei einem leicht verzögerten Abendessen auf den ersten Tag unserer Tour an – mit verstohlenem Blick auf die i-Remote-App. Der BMW i3 lädt. Prost!
Jonas Eling
Zum Nachlesen – Die Etappen unseres BMW i3 Roadtrip: