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BMW B47: Technik-Details zum 190 PS Baukasten-Diesel im Interview

Mit dem BMW X3 Facelift 2014 wurde auch eine neue Generation von Diesel-Motoren eingeführt, die in den nächsten Jahren einen Großteil der europäischen BMW-Flotte antreiben dürften. Der BMW B47 setzt wie sein Vorgänger (N47) auf vier Zylinder und 2,0 Liter Hubraum, abgesehen davon gibt es aber zahlreiche Verbesserungen für weniger Verbrauch und bessere Akustik. Wir haben die Gelegenheit der Präsentation genutzt und uns ausführlich mit Christian Bock unterhalten, seines Zeichens Projektleiter Antrieb.

Im Gespräch erklärt Bock einerseits die technischen Unterschiede, geht andererseits aber auch auf mögliche Einsatzorte für den bisher mit 150 PS und 190 PS vorgestellten Vierzylinder-Diesel ein.

BimmerToday.de: Im BMW X3 Facelift kommt der neue Dieselmotor B47 erstmals zum Einsatz. Der bisher verbaute N47 wurde in fast allen Baureihen genutzt und war auch beim Blick auf die Stückzahlen einer der wichtigsten BMW-Motoren überhaupt. Er hat zum Ende die Euro 6-Abgasnorm erfüllt und war noch immer sehr effizient, wieso wird er nun abgelöst?
Christian Bock: Der N47 war in gewisser Weise schon ein Trendsetter für den B47. Der N47 hatte bereits den Steuerantrieb hinten, dieses Konzept übernehmen jetzt auch alle anderen Motoren. Auch andere Architekturmerkmale wie das Aufstellen des Motors auf einen Winkel von 20 Grad haben sich beim N47 bewährt und werden nun flächendeckend eingesetzt, bisher hatten wir die Ottomotoren mit einem Winkel von 30 Grad betrieben. Aber: Das Bessere ist des Guten Feind! Es geht immer weiter und wir haben bei unseren Prognosen zur künftigen Entwicklung der Wettbewerber auch gesehen, dass wir noch einen weiteren Schritt gehen müssen. Wir wussten außerdem, dass wir noch Potenzial für weitere Verbrauchseinsparungen haben und die nun realisierte Größenordnung von 5 Prozent zeigt aus unserer Sicht auch deutlich, dass sich der Schritt gelohnt hat.
Wir haben zudem festgestellt, dass unsere Fertigungsstruktur bisher nicht so flexibel war, wie sie es künftig sein kann. Unser neues Fertigungskonzept erlaubt es uns, schnelle Stückzahländerungen bei Benzinern und Dieseln durchzuführen.

BimmerToday.de: Rein vom Namen her befindet sich der B47 sehr eng am N47 und Sie haben auch schon einige Gemeinsamkeiten genannt. Was unterscheidet die beiden Motoren, wie nah sind sie sich technisch?
Das Grundkonzept ist gleich, wir nutzen die gleichen Zylinderabstände und Hubvolumina wie bisher. Eine wichtige Frage war natürlich auch, ob wir das Zylindervolumen beibehalten, da haben wir lange zwischen 400 und 500 Kubikzentimetern diskutiert. Am Ende haben thermodynamische Überlegungen und die Effizienz für den größeren Brennraum gesprochen, kleinere Brennräume haben schlechtere Wirkungsgrade. Mit dem Volumen der Einzelzylinder gehen natürlich auch andere Merkmale einher, weshalb die Architektur des B47 durchaus mit der des N47 verwandt ist, aber die Funktion hat sich deutlich verändert. Wir haben das Brennverfahren komplett neu entwickelt und nutzen beim B47 einen Brennraumdrucksensor, dessen Potenzial wir natürlich auch ausschöpfen wollen. Dank des Sensors können wir den Motor immer öfter möglichst nahe an seinem Best-Punkt betreiben, was wesentlich zur erzielten Verbrauchseinsparung beiträgt.
Außerdem haben wir das Thema Akustik in Angriff genommen, denn der N47 war vor allem für seine Effizienz und seinen niedrigen Verbrauch bekannt, aber kaum für seine gute Akustik. Wir haben den Trade-Off zwischen Verbrauch und Akustik nun optimieren können und das Klangbild deutlich verbessert.

BimmerToday.de: Lässt sich prozentual sagen, wieviele Gleichteile B47 und N47 haben?
Die geometriebestimmenden Teile wie Kolben oder Ventile sind weitgehend gleich geblieben, im Detail gibt es aber vermutlich bei jedem Bauteil diverse Änderungen. Auf Teilenummern-Basis ist vermutlich jedes Teil neu, auch wenn sich manche Teile  optisch kaum unterscheiden. Natürlich haben wir für den neuen Baukasten jedes Teil nochmals auf Qualität, Lebensdauer, Gewicht, Kosten und weitere Faktoren überprüft und entsprechend angepasst.

BimmerToday.de: Der Turbolader ist ebenfalls ein anderer?
Ja, auch beim Turbolader haben wir einen Konzeptsprung realisiert. Wir setzen jetzt beim B47 einen wälzgelagerten Turbolader ein, das werden wir aber voraussichtlich nicht bei allen Baukasten-Motoren tun. Die Aufladegruppe ist beim Dieselmotor natürlich auch ein Skalierungspaket, weshalb wir bei jeder Leistungsstufe die Anzahl und Art der Turbolader genau betrachten. Bei Motoren mit nur einem Turbolader spielt dieser eine Lader natürlich eine deutlich dominantere Rolle für die Leistungsspreizung, bei der wir immer zwischen Ansprechverhalten und Effizienz abwägen müssen. Der höhere Aufwand eines wälzgelagerten Turboladers ist für einen Motor wie den B47 mit 190 PS sinnvoll, aber sicher macht es nicht für jeden Motor so viel Sinn wie hier.

BimmerToday.de: Beim N47 gab es eine ziemlich breite Spreizung von knapp über 100 bis 218 PS, vom B47 sind bisher Varianten mit 150 und 190 PS vorgestellt. Ist ergänzend dazu auch ein Biturbo-Motor geplant?
Auch der N47TOP mit Biturbo-Aufladung braucht natürlich einen Nachfolger, dementsprechend wird der Baukasten auch in diese Richtung entwickelt, ja.

BimmerToday.de: Beim Sechszylinder N57 gibt es sogar eine Variante mit drei Turboladern. Ist eine solche Lösung für den Vierzylinder auch eine Option oder fährt man letztlich mit einem einfach aufgeladenen Sechszylinder besser?
Man könnte einen solchen Motor natürlich bauen, aber wir würden dann in der Tat in einen Bereich kommen, wo aus unserer Sicht ein Sechszylinder-Motor mehr Sinn macht. Beim Sechszylinder ist die Situation anders, denn dort ist der Triturbo ja unser Topmotor.

BimmerToday.de: Am anderen Ende der denkbaren Leistungsabgabe des B47 gibt es nun auch den neuen Dreizylinder-Diesel B37. Inwiefern hat dieser Motor Einfluss auf die schwächeren Varianten des B47, wird es beispielsweise wieder einen Vierzylinder mit rund 115 PS geben?
Ich denke, das hängt vom Fahrzeug ab. Speziell in diesem Leistungsbereich kann ich mir eine Überlappung durchaus vorstellen, weil der Dreizylinder natürlich schwingungsmäßig eine eigene Welt darstellt. Insofern wird es durchaus Anwendungen geben, wo man den Akustikvorteil eines Vierzylinder-Motors nutzen möchte, auch wenn man leistungsmäßig zum Dreizylinder greifen könnte. Beispielsweise kann ich mir nicht vorstellen, dass wir in naher Zukunft einen 518d mit Dreizylinder-Diesel sehen werden.

BimmerToday.de: Die Baukasten-Motoren bieten auch bei der Produktion entscheidende Vorteile. Benziner und Diesel können am gleichen Band gebaut werden, wieso ist das jetzt möglich?
Der Grundmotor mit dem Grundkurbelgehäuse ist tatsächlich identisch, der Zylinderkopf und viele andere Dinge sind natürlich verschieden. Der Winkel zur Senkrechten von 20 Grad, der Zylinderabstand und der Einzelhubraum von 500 Kubikzentimetern führen zu einem gemeinsamen Motorblock, der aus dem gleichen Gussteil hergestellt, dann aber auf der gleichen Anlage unterschiedlich bearbeitet werden kann.

BimmerToday.de: Wo werden die neuen Baukasten-Motoren gebaut?
Wir bauen gerade das Werk Steyr entsprechend auf, dieses wird das Hauptwerk für den Baukasten-Motor sein. Dort laufen sowohl der B47 als auch der B37 vom Band. Die weiteren Werke werden aber zeitnah mit eingebunden, beispielsweise wird die N20-Produktion in München auch durch die neuen Baukasten-Motoren abgelöst.

BimmerToday.de: Die Einführung des B47 findet jetzt im X3 statt, wann folgen andere Baureihen?
Es gibt ein Ausrollprogramm, das mit dem X3 beginnt. Relativ schnell folgen wird der 5er, auch weil bei der 5er-Reihe als Executive Limousine der niedrigere CO2-Ausstoß sehr wichtig ist. Das sonstige Ausrollprogramm hängt in erster Linie von der Restlaufzeit eines Fahrzeugs ab: Manche Modelle werden mit dem N47 auslaufen, andere werden umgestellt.

BimmerToday.de: Der B47 eignet sich auch für Modelle mit Quermotor, also beispielsweise die Modelle von MINI oder auch den BMW 2er Active Tourer?
Ja, das ist für unseren Baukasten-Motor natürlich sehr wichtig, zumindest bis zum Vierzylinder. Die kommenden Sechszylinder-Baukastenmotoren sind natürlich nicht für den Quereinbau vorgesehen.

BimmerToday.de: Beim neuen MINI F56 ist der Cooper D momentan die stärkste Ausbaustufe, darüber ist mit Sicherheit auch noch Platz für einen Cooper SD mit der 150 PS starken B47-Variante. Spielt die nun hier vorgestellte Ausbaustufe mit 190 PS ebenfalls eine Rolle für MINI?
Das ist natürlich ein bisschen Spekulation, aber da die Fahrzeuge von den Proportionen und Abmessungen her immer erwachsener werden, ist so etwas sicherlich nich auszuschließen.

BimmerToday.de: Gibt es für Sie als Techniker ein spezielles Highlight, das den B47 besonders auszeichnet?
Ja, das ist für mich als Ingenieur natürlich das neue Brennverfahren mit dem Brennraumdrucksensor. Das punktgenaue Einstellen des Betriebspunkts eines Motors ist das angestrebte Ideal und der Brennraumdrucksensor hilft uns hier erheblich weiter. Bisher mussten wir immer mit Toleranzen und Annäherungen arbeiten, weshalb wir mit Blick auf die Serientoleranzen nicht die letzten Prozente herauskitzeln konnten. Die neue Technik bietet uns jetzt die Möglichkeit, wie bei einem Rennmotor wirklich ans Limit zu gehen. Mit dem Sensor können wir auch einen Großserienmotor mit seinen Toleranzen über seine gesamte Lebensdauer hinweg optimal einstellen, was für mich als Ingenieur eine wirklich faszinierende Sache ist.

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