Nachdem wir gestern im ersten Teil unseres Interviews mit dem BMW i3 Projektleiter Andreas Feist über die Entwicklung und die Herausforderungen des Carbon-Einsatzes gesprochen haben, folgt heute der zweite von drei Teilen. Im Fokus stehen nun der Elektroantrieb mit all seinen Besonderheiten, angefangen von den Voraussetzungen für die Installation einer Wallbox bis hin zur Lebensdauer der Batterie.
In diesem Zusammenhang darf natürlich auch der Range Extender des BMW i3 REX nicht fehlen – und auch hier drängen sich einige Fragen auf, darunter die nach der Ursache für den relativ kleinen Tank und die Möglichkeit eines Szenarios, in dem der Tank für eine Langstreckenfahrt immer und immer wieder befüllt wird.
BimmerToday: Der BMW i3 ist bekanntlich ein Elektroauto, was für manchen Kunden völlig neue Fragestellungen aufwirft. Den Weg zur Tankstelle kennen wir alle, das Laden an der Steckdose ist für die meisten Autofahrer in Deutschland Neuland. Wie genau begegnet BMW i dieser Herausforderung?
Andreas Feist: Für uns war immer wichtig, dass der Kunde jeden Tag einen sicheren Zugang zu einer Lademöglichkeit haben muss. Und uns war dabei immer klar, dass wir die Ladeinfrastruktur nicht alleine beeinflussen können. Daher war für uns die klassische SchuKo-Steckdose immer der Ausgangspunkt, der für alle Kunden nutzbar sein muss. Den Umgang mit einer SchuKo-Steckdose beherrscht jeder, weshalb auch das Aufladen aus unserer Sicht keine neue Herausforderung darstellt.
Wenn es um die Frage des Aufladens mit größerer Performance und Schnelligkeit geht, bieten wir alternative Lösungen an. Eine Wallbox oder Ladesäule muss man also mit dem BMW i3 nicht haben, auch mit der SchuKo-Steckdose kommen i3-Kunden problemlos durchs Leben. Der regelmäßige Zugang zu Schnelllade-Einrichtungen wie hier in Holland ist also sicher hilfreich, aber keine notwendige Voraussetzung.
BimmerToday: Welche Voraussetzungen muss der Strom-Anschluss eines Kunden erfüllen, damit die Wallbox bei ihm installiert werden kann?
Andreas Feist: Dafür brauchen Sie eigentlich nur einen ganz normalen Hausanschluss mit entsprechender Absicherung. Bei unserer Beratung zur Wallbox werden diese Aspekte mit überprüft. Sie brauchen keinen Drehstrom, jedes gewöhnliche Kabel für Licht oder normale Steckdosen ist zum Anschluss der Wallbox ausreichend. Sie können dann mit erhöhten Ampere-Zahlen laden und sparen dadurch Ladezeit. Sie können natürlich auch unsere Strom-Angebote nutzen, sodass Sie mit regenerativen Energien laden und sich Ökostrom zur Verfügung stellen lassen können. Das macht aus unserer Sicht das Bild perfekt.
BimmerToday: Der BMW i3 war früher unter dem Projektnamen Megacity Vehicle bekannt. Gerade in Großstädten haben viele Menschen weder Garage noch Carport und parken ihr Auto auf öffentlichen Straßen. Die Kunden dort sollen ihr Fahrzeug sicherlich nicht mit dem Verlängerungskabel durchs Küchenfenster laden, wie aber dann?
Andreas Feist: Wir treiben hier eine Entwicklung mit an, denn wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die Kunden möglichst schnell und breit einen entsprechenden Zugang bekommen. In New York haben wir beispielsweise mit Verantwortlichen für die öffentliche Infrastruktur gesprochen: Dort werden derzeit die öffentlichen Telefonzellen abgerüstet, weil heute die meisten Menschen mit dem Handy oder Smartphone telefonieren. Der Stromanschluss der ehemaligen Telefonzellen wird dadurch in New York schon jetzt für Ladesäulen zum Aufladen von Elektroautos genutzt. In Berlin befinden wir uns in Gesprächen mit Firmen, die an ganz normalen Straßenlaternen Einsätze für SchuKo-Steckdosen installieren. Diese und ähnliche Ansätze werden von uns mit angetrieben.
Zum Stichwort Megacity ist aus unserer Sicht wichtig zu sagen, dass sich der BMW i3 an Kunden in einem urbanen Umfeld richtet. Zu einem urbanen Umfeld gehören neben dem klassischen, eng gewachsenen Kern auch die Vororte, wo ein eigener Stellplatz oder eine Garage deutlich öfter vorhanden sind.
BimmerToday: Für die Abrechnung an den öffentlichen Ladesäulen gibt es die ChargeNow-Karte, die hier in Holland an praktisch jeder Ladesäule nutzbar ist. Wie sieht es damit in Deutschland aus?
Andreas Feist: Wir versuchen auch in Deutschland, alle Infrastruktur-Anbieter mit in unser Programm aufzunehmen. Das ist letztlich eine Frage des Komforts.
BimmerToday: Viele Menschen verspüren Unsicherheit beim Thema Batterie, weil Sie vielleicht auch selbst negative Erfahrungen mit Handy- oder Notebook-Akkus gemacht haben. Wie ist es um die Lebensdauer der i3-Batterie bestellt?
Andreas Feist: Wir geben eine für viele sicherlich überraschend lange Garantie von 8 Jahren oder 100.000 Kilometern, weil uns natürlich klar ist, dass hier eine der Ängste vieler Kunden liegt. Jeder kennt ja aus dem Handy-Bereich die Erfahrung, dass die Akku-Performance zum Teil schon nach zwei Jahren deutlich nachlässt. Daher haben wir uns sehr früh mit der Fragestellung auseinandergesetzt und deshalb ist es für uns auch sehr wichtig, eigenes Know-How zu behalten: Wir kaufen zwar die Hochvolt-Zelle, aber der Speicher selbst mit seinem Kühlungs- und Temperierungssystem ist schon eines unserer Kern-Know-Hows. Über die Temperierung von Zellen und Speicher sowie das dahinterstehende Betriebssystem können wir auch eine lange Lebensdauer gewährleisten. Ich denke, dass viele Kunden sehr schnell feststellen werden, dass unsere Batterie deutlich mehr kann, als man es aus Handys und ähnlichen Geräten gewohnt ist.
BimmerToday: In engem Zusammenhang mit der Batterie und dem Aufladen steht das Thema Reichweiten-Angst, das speziell in Deutschland eine Rolle spielt und in jedem Fall eine Umstellung von Autofahrern erfordert, die bisher nur konventionell angetriebene Autos gefahren sind. Aus diesem Grund bieten Sie auch direkt zum Marktstart einen Range Extender an, worum genau handelt es sich bei diesem Motor?
Andreas Feist: Der Motor stammt aus dem Baukasten der Group und kommt von BMW Motorrad. Es handelt sich um einen Zweizylinder-Viertaktmotor, der einen Generator antreibt und so Strom für die Batterie beziehungsweise die E-Maschine generiert. Der Generator ist eine BMW i-Eigenentwicklung.
BimmerToday: Von einem konventionellen Auto ausgehend ist der Tank für den Range Extender mit neun Litern sehr klein, was sich natürlich auf die maximal hinzugewonnene Reichweite des Range Extenders auswirkt. Wieso ist der Tank so klein?
Andreas Feist: Weil für uns das elektrische Fahren im Vordergrund steht. Das ganze Range-Extender (REX)-Konzept ist eigentlich nur eine Reichweiten-Versicherung. Wenn die Reichweiten-Versicherung deutlich mehr Reichweite als die elektrische Reichweite bringen würde, dann stimmt der Grundansatz nicht. Für einen solchen Kunden wäre ein klassischer Plug in-Hybrid oder ein effizientes Diesel-Fahrzeug vermutlich die bessere Lösung. Aus unserer Sicht ist der REX nur eine Lösung für Ausnahmefälle, wenn beispielsweise unerwartet viel gefahren werden muss oder die einzige Lademöglichkeit aus irgendeinem Grund nicht nutzbar ist. Wir wollen nicht, dass der BMW i3 REX-Kunde standardmäßig mit dem Verbrenner unterwegs ist und das elektrische Fahren zur Ausnahme wird. Unser Ansatz war immer, in urbanen Gegenden das elektrische Fahren zu ermöglichen und beispielsweise hier in Amsterdam wüsste ich nicht, wer auf die Idee käme, wirklich den REX zu bestellen. Hier können Sie praktisch jederzeit und überall eine freie Ladesäule finden.
BimmerToday: Ist der Motor des BMW i3 REX stark genug, um beispielsweise bei 10 Prozent Rest-Energie im Akku uneingeschränkt wie zuvor weiterzufahren?
Andreas Feist: Der Motor reicht, um im Wesentlichen die Fahrleistungen zu erzielen, die Sie vorher auch haben. Abstriche müssen Sie bei der Höchstgeschwindigkeit machen, die wird in einem solchen Fall auf etwa 120 km/h begrenzt, aber beim restlichen Fahrverhalten werden Sie nicht merken, ob der REX läuft oder nicht. Für uns war das auch ein entscheidendes Kriterium, dass sich das Fahrerlebnis nicht wesentlich vom Betrieb ohne Range Extender unterscheidet.
BimmerToday: Das Fahrerlebnis ist natürlich auch entscheidet von der Akustik geprägt, gerade im Fall eines weitgehend lautlosen Elektroautos wie dem BMW i3. Haben Sie den Range Extender ausreichend gedämmt?
Andreas Feist: Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen. Man hört den Motor im Heck, aber im normalen Stadtverkehr haben wir eher Kundenerlebnisse mit der Frage, ob der REX eigentlich schon läuft oder noch deaktiviert ist. Man sieht es in der Regel vor allem im Kombiinstrument, weil dort der Kraftstoffverbrauch des Verbrennungsmotors zusätzlich eingeblendet wird. Akustisch halten wir ihn so weit wie möglich im Hintergrund.
BimmerToday: Ist es im Extremfall möglich, mit dem REX von einer Tankstelle zur nächsten zu fahren, um ausnahmsweise deutlich größere Reichweiten als im urbanen Alltag zurückzulegen?
Andreas Feist: Das ist möglich. Der BMW i3 ist dafür aber nicht ausgelegt. Sie können in Europa beliebig oft den verbrennungstechnischen Zyklus aneinanderreihen und dann nur im Stadtverkehr die elektrische Reichweite nutzen. In Amerika ist das allerdings nicht zulässig: Dort gibt es ganz klar die Vorgabe, dass der REX wirklich nur bei sehr geringem Ladestand der Akkus arbeiten darf. Es war in den USA auch eine ganz klare Anforderung, dass die rein verbrennungstechnische Reichweite in jedem Fall kleiner als die rein elektrische Reichweite sein muss.
BimmerToday: Mit welchem Marktanteil rechnen Sie für den Range Extender?
Andreas Feist: Im Moment ist noch zu früh eine valide Aussage darüber zu treffen. Hier sind die Märkte jeweils auch zu unterschiedlich. Der Range Extender ist aus unserer Sicht nur eine Reichweiten-Versicherung. Sicherlich wird der eine oder andere es aus Komfortgründen hinzubestellen, aber vielleicht wird er es bei seinem zweiten Elektroauto schon nicht mehr tun.
Morgen in Teil 3: Alles zum Thema “Sicherheit und Preis”