Für manchen Autofahrer klingt es nach einem Traum, für andere ist es ein Albtraum: Autos, die praktisch ohne Fahrer fahren können. Bis vor wenigen Jahren handelte es sich hier noch um ferne Zukunftsmusik, die vor allem in Hollywood-Filmen zu finden war, aber in den letzten Jahren haben viele Hersteller an entsprechender Technik gearbeitet und dabei enorme Fortschritte gemacht.
Auf abgesperrtem Terrain haben fast alle Anbieter schon Versuchsfahrzeuge getestet und Google betreibt in den USA sogar eine kleine Flotte von umgebauten Toyota Prius, die ohne Fahrer unterwegs sind und ihre Passagiere meistens unfallfrei ans Ziel bringen – allerdings nicht immer. Auch bei BMW hat die Anzahl der Assistenzsysteme in den letzten Jahren rasant zugenommen, was auch zu mehr Erfahrungswerten mit der immer leistungsfähigeren Sensorik an allen Ecken eines modernen Automobils geführt hat.
Das gestern vorgestellte Ergebnis ist insofern weder eine Überraschung noch eine Revolution, sondern lediglich der logische nächste Schritt: Einige Journalisten durften sich auf einer Autobahn-Fahrt von München nach Nürnberg von den Fähigkeiten der Technik überzeugen und es sich auf dem Fahrersitz eines speziell umgerüsteten BMW 5er F10 bequem machen. Sobald die Autobahn erreicht war, konnte sich der Fahrer per Knopfdruck weitestgehend überflüssig machen und dem Auto das Beschleunigen, Bremsen und auch Spurwechsel überlassen.
Der Mensch am Steuer wird hier zur Kontrollinstanz, die nur noch darüber wachen muss, dass die komplexe Technik keine Fehler macht. Greift der Fahrer stärker ins Lenkrad oder benutzt die Pedale, erhält er sofort die Kontrolle über das Fahrzeug, aber auf einer normalen Autobahnfahrt sind solche Eingriffe nicht notwendig. Die Autobahn ist hierbei übrigens der bevorzugte öffentliche Verkehrsraum, weil sich die Verkehrssituation am einfachsten erfassen lässt und Dinge wie Gegenverkehr, Fußgänger oder Radfahrer in der Regel keine Rolle spielen. Bis die Technik auch den Verkehr einer belebten Großstadt richtig analysieren und sicher daran teilnehmen kann, wird noch etwas Zeit vergehen.
Für einige Anwendungsgebiete soll die Technik allerdings schon in absehbarer Zeit serienreif sein: Der BMW i3 soll bereits ab 2013 in der Lage sein, im zähfließenden Verkehr bei bis zu 40 km/h selbständig zu fahren, so lange der Fahrer mindestens eine Hand am Lenkrad hält. So muss der Fahrer nicht eingreifen, signalisiert dem Auto aber seine Handlungsbereitschaft, falls die Technik irgendetwas übersieht.
Nico Kämpchen (Projektleiter Hochautomatisiertes Fahren bei der BMW Group Forschung und Technik): “Für den Fahrer ist es eine völlig neue und ungewohnte Situation, die Fahraufgabe komplett in die Hände eines Systems zu legen. Aufgrund der sehr geschmeidigen, souveränen und sicheren Fahrweise hat man jedoch bereits nach einigen Minuten Vertrauen in das selbstständig fahrende Fahrzeug. Nichtsdestotrotz bleibe ich – der Fahrer – natürlich in der Verantwortung und beobachte jederzeit aufmerksam meine Umgebung.
Das Nächste, die wir unserem Prototyp ‚beibringen‘ wollen, sind der Umgang mit Baustellen und Autobahnkreuzen. Gerade bei Baustellen stellt sich uns noch die Frage, wie wir alle vielfältigen Formen zuverlässig erkennen, lokalisieren und die jeweils entsprechende Handlungsstrategie ableiten.”