Vor etwas mehr als einem Jahr berichteten wir in Form mehrerer Artikel ausführlich über das damals neue Energie- und umwelttechnische Versuchszentrum (EVZ) der BMW Group, das sich in unmittelbarer Nähe des FIZ im Münchner Norden befindet und über einen Höhenprüfstand, einen Kälteprüfstand und einen Umweltwindkanal verfügt. Mit Hilfe der hochmodernen Anlage können die Ingenieure der BMW Group sowohl extreme Hitze und Kälte als auch Umwelteinflüsse wie Regen oder Schnee simulieren und die Fahrzeuge somit ideal auf derartige Bedingungen vorbereiten. Im Vergleich zu Tests in freier Natur bietet die Anlage außerdem den Vorteil, dass die Versuchsergebnisse reproduzierbar und absolut vergleichbar sind.
Die Vorteile, die das EVZ für die BMW Group mit sich bringt, will man nun offenbar auch in Stuttgart nicht länger tatenlos bestaunen und hat heute zwei neue Klimawindkanäle vorgestellt, die nach zwei Jahren Bauzeit in Betrieb genommen wurden.
Auch hier können Regen, Schnee, extreme Temperaturen und Windgeschwindigkeiten reproduzierbar simuliert werden, was den notwendigen Umfang von Testfahrten außer Haus reduziert. Während der Kaltkanal einen Temperaturbereich von minus 40 bis plus 40 Grad abdeckt, können im Warmkanal Temperaturen von minus 10 bis plus 60 Grad Celsius dargestellt werden. Auch die Auswirkungen von Regen, Schnee und Sonneneinstrahlung lassen sich in den Kanälen testen, womit sie einen ähnlichen Umfang wie die Anlagen von BMW bieten.
Beide Kanäle können Windgeschwindigkeiten bis zu 265 km/h realisieren und eignen sich somit für alle Fahrzeugtypen. Die Luftfeuchtigkeit lässt sich je nach Versuchsaufbau zwischen 5 und 95 Prozent einstellen. Einen Eindruck von den Fähigkeiten der neuen Anlage liefert auch das folgende Video, das Mercedes heute gemeinsam mit einigen Bildern veröffentlicht hat.
Dr. Thomas Weber (Vorstand für Konzernforschung und Entwicklung Mercedes-Benz Cars): “Selbst im arktischen Teil Schwedens herrschen im Winter nicht immer so tiefe Minusgrade wie wir sie bei unseren Erprobungsfahrten gerne hätten, ebenso wenig können wir uns für Fahrerprobungen auf hochsommerliche Extremhitze beispielsweise im berüchtigten Death Valley in Amerika immer verlassen. In unseren neuen Klima-Windkanälen stellen wir selbst alle gewünschten klimatischen Bedingungen rund ums Jahr her, wann immer nötig. Und das alles mit sehr engen Toleranzen, sodass die Messungen jederzeit reproduzierbar sind. Unter freiem Himmel ist das so nicht machbar.”
Ulrich Mellinghoff (Leiter Mercedes-Sicherheitsentwicklung): “Wir ersetzen durch die neuen Klima-Windkanäle nicht die Straßenerprobung, können sie aber deutlich reduzieren und wir gehen viel besser vorbereitet hinein. Beispielsweise können unter 20 Varianten für ein Motor-Abschirmblech im Klima-Windkanal viele bereits aussortiert werden, die nicht den gewünschten Effekt bringen. Dann gehen wir mit nur noch zwei oder drei der Erfolg versprechendsten Varianten in den Praxistest. Wir sparen also im Vorfeld langwierige Versuche auf der Straße und der Reifegrad unserer Prototypen ist trotzdem höher. Das bedeutet: Wir erreichen schneller unsere anspruchsvollen Ziele.”
(Bilder & Infos: Mercedes-Benz)