Am vergangenen Freitag hat BMW erstmals die Presse ans Lenkrad des neuen 6er Coupés gelassen und zu diesem Zweck eine ganze Reihe von Fahrzeugen zur Verfügung gestellt. Leider hatte Petrus an besagtem Tag kein Erbarmen und unsere Fahrzeit mit dem neuen BMW 6er Coupé auf eine Art und Weise untermalt, die uns so gut wie nie das Fahren auf trockenem Asphalt oder wenigstens mit deaktiviertem Scheibenwischer ermöglichte.
Beim ersten Kontakt fuhren wir die Basisvariante 640i, von den gängigen Annahmen hinsichtlich eines Einstiegsmodells verabschiedet man sich im konkreten Fall aber innerhalb von Sekunden. Unter der Motorhaube des 640i F13 steckt eine Variante des bekannten Reihensechszylinders N55 mit 3,0 Litern Hubraum, die von einem TwinScroll-Lader unterstützt wird und 320 PS leistet. Kombiniert ist der Motor mit einer Achtgang-Sportautomatik, die sich auf vielfältige Art und Weise an die Wünsche des Fahrers anpassen lässt.
In Abhängigkeit vom gewählten Fahrprogramm – zur Wahl stehen die Modi Comfort+, Comfort, Sport, Sport+ und ECO PRO – schaltet die Automatik sanft oder schnell und bietet somit ein ähnlich breites Spektrum, wie man es mit einem manuellen Getriebe erleben kann. Sehr sportlich orientierte Fahrer könnten sich an der Tatsache stören, dass die Automatik auch im manuellen Modus selbständig in den nächsthöheren Gang wechselt, wenn man sich mit Vollgas dem Drehzahlbegrenzer nähert.
Abgesehen davon sind uns keinerlei Schwächen des Getriebes aufgefallen, das seine Arbeit unauffällig verrichtet und stets zu ahnen scheint, was man als nächstes plant. Vor spontanen Überholvorgängen auf der Landstraße sollte man mit Hilfe der Schaltwippen einen niedrigeren Gang einlegen, anderenfalls muss man einen Moment warten, bis die Automatik einen passenden Gang eingelegt hat und der Reihensechszylinder für den gewünschten Vortrieb sorgt.
Der Motor bleibt dabei die meiste Zeit dezent im Hintergrund und ermöglicht beim Gleiten eine beinahe geräuschlose Fortbewegung. Fordert man den Motor und ruft hohe Drehzahlen ab, dringt der feine Sound von sechs Zylindern in Reihe ans Ohr, für den BMW auf der ganzen Welt berühmt ist. Das Ansprechverhalten des aufgeladenen Triebwerks lässt keine Wünsche offen, wenn man sich bereits im passenden Gang befindet und wenn man das 6er Coupé nicht mit einem reinrassigen Sportwagen verwechselt.
Selbstverständlich können Perlen des Motorenbaus wie der mehrfach ausgezeichnete S54 aus dem BMW M3 E46 in dieser Disziplin einen deutlich nachhaltigeren Eindruck hinterlassen, aber ein solcher Motor würde kaum zum Charakter des neuen 6er Coupés passen. Schon beim Einsteigen vermitteln die umfangreiche Lederausstattung und das große Infotainment-Display, dass es bei diesem Auto nur an zweiter Stelle um den Sport geht.
Öffnet man die Tür, wird man von einer elegant gestalteten Lederlandschaft empfangen und fühlt sich als Kenner der Marke BMW sofort wohl. Alle Schalter und Funktionen befinden sich genau dort, wo man sie erwartet und auch das Fahrverhalten entspricht in den Grundeinstellungen ziemlich genau dem, was man sich von einem modernen Coupé dieser Preisklasse erhofft: Der Level an Komfort ermöglicht das bequeme Zurücklegen langer Distanzen, aber dennoch lässt sich der 6er auch sportlich bewegen.
Wir konnten das sportliche Potential mit Blick auf das Wetter nicht wirklich ausloten, aber die Spreizung zwischen den verschiedenen Einstellungen ist auch bei normal-zügiger Gangart beeindruckend: Von der weichen Sänfte im Modus Comfort+ bis hin zum trockenen Dynamiker im Modus Sport+ beherrscht der 6er eine große Bandbreite an Fahrwerksoptionen und die häufig verwendete Floskel von den “zwei Autos in Einem” ist schon beinahe untertrieben.
Verarbeitungsqualität und Haptik lassen erwartungsgemäß keinerlei Wünsche offen und zeigen, dass man sich in München die Kritik am Vorgänger zu Herzen genommen hat. Das optionale Bang & Olufsen High End Surround Sound System ist optisch ansprechend integriert, die zusätzliche Soundqualität im Vergleich zum deutlich günstigeren HiFi-System Professional mit ebenfalls 16 Lautsprechern dürfte sich aber nur geübten Ohren erschließen.
Die erstmals in einem BMW angebotenen Voll-LED-Scheinwerfer überzeugen mit einer filigranen und hochwertigen Optik, über die Lichtqualität können wir mangels Dunkelheit aber noch keine Aussagen machen. Auf den beiden Rücksitzen kann man ebenfalls bequem sitzen, der Ein- und Ausstieg gestaltet sich aber trotz der elektrisch verschiebbaren Vordersitze wenig elegant und ist eher etwas für gelenkige Menschen.
Gewohnt nützlich präsentiert sich das Head Up Display, das im 6er erstmals in dritter Generation und somit vollfarbig Verwendung findet und von dessen Qualitäten man sich im folgenden kurzen Video überzeugen kann. Besonders auf langen Strecken steigert sich der Komfort erheblich, weil die sonst ständig nötigen Kontrollblicke zum Tacho entfallen und sich die Augen des Fahrers fast nie von der Straße abwenden müssen.
Der ECO PRO-Modus, der ab Herbst auch in anderen Baureihen verfügbar sein wird, stellt aus unserer Sicht nur für ausgewählte Situationen eine interessante Option dar. Er eignet sich nur bedingt für den Stadtverkehr, weil spontane Beschleunigungsmanöver in Folge der sanften Abstimmung von Getriebe und Gaspedalkennlinie kaum noch möglich sind und erst bei sehr starkem Druck aufs Pedal ernsthaft beschleunigt wird. Um aber beispielsweise mit Tempomat limitierte Abschnitte auf der Autobahn zu absolvieren oder auf Landstraßen ohne Überholmöglichkeit hinter langsameren Verkehrsteilnehmern zu fahren, ist der sparsame Modus durchaus interessant.
Fazit
Das BMW 640i Coupé F13 überzeugt als komfortabler Gleiter für zwei Personen und bietet auch mit der Basismotorisierung souveräne Fahrleistungen. Ruft man diese häufig ab, lässt sich der Normverbrauch von 7,7 Litern durchaus auch verdoppeln. Auf Knopfdruck finden sich für alle Stimmungen die richtigen Einstellungen, was den 6er zu einem sehr vielseitig nutzbaren Coupé macht und durchaus auch den vielzitierten Transport der Schwiegermutter erlaubt. Das Design des Fahrzeugs ist rundum gelungen und strahlt auch nach außen jene luxuriöse Sportlichkeit aus, die sich im Innenraum erleben lässt.