Der letztjährige Sieg von BMW beim 24 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring war ohne jede Frage ein Glücklicher, denn von der reinen Geschwindigkeit her waren einige andere Fahrzeuge schneller unterwegs. Neben einem schnellen Auto braucht man auf der Nordschleife aber auch eine Portion Glück im Umgang mit den langsameren Fahrzeugen und natürlich absolut standfeste Technik.
Der letzte Punkt war auch beim BMW M3 GT2 nur bedingt gegeben, denn massive Probleme mit dem Getriebe machten die letzten Runden zur Zitterpartie und es war bis zuletzt unsicher, ob Schlussfahrer Uwe Alzen das Fahrzeug ins Ziel bringen kann. Genau 10 Jahre nach seinem Sieg im Porsche 911 ließ sich Alzen den Triumph aber nicht mehr nehmen und feierte einen ganz besonderen Sieg. Gemeinsam mit Augusto Farfus und Jörg Müller darf Uwe Alzen deshalb in diesem Jahr die Startnummer 1 am Fahrzeug tragen.
Im vergangenen Jahr haben Sie mit BMW den Sieg am Ring geholt – in einem der vielleicht aufregendsten 24h-Rennen aller Zeiten. Nimmt dieser Erfolg, der für Sie auch das Ende einer zehnjährigen Durststrecke bedeutete, einen besonderen Platz in Ihrer Karriere ein?
Uwe Alzen: “Absolut. Ich glaube, das war das spannendste Rennen meines Lebens. Ich habe damals im Auto gezittert und gehofft, dass es bis zum Schluss hält. Ehe ich für den letzten Stint eingestiegen bin, hatte ich mich am Computer über die Zeitabstände informiert. Ich wusste also, dass wir einen Vorsprung hatten, aber die Anspannung war dennoch unvorstellbar. Da wird man als Fahrer beinahe verrückt.”
Nun steht die Mission Titelverteidigung an, und nach den ersten VLN-Läufen gibt es vielleicht schon eine Ahnung davon, dass es in diesem Jahr noch einmal enger zugehen könnte. Wie gut ist BMW gerüstet?
Uwe Alzen: “Es wird sicher schwierig, unseren Sieg aus dem Vorjahr noch einmal zu toppen. Aber wir werden es versuchen. Die Konkurrenz dürfte 2011 noch einmal stärker sein. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir erneut ein sehr gutes Paket aufbieten werden. Glück gehört natürlich auch dazu. Auf der Nordschleife kann es nie schaden, wenn da jemand ist, der es gut mit einem meint.”
Können Sie schon ausmachen, wer zu den härtesten Konkurrenten gehörten wird?
Uwe Alzen: “Wer jetzt schon weiß, wie das endgültige Kräfteverhältnis beim 24-Stunden-Rennen aussehen wird, bekommt von mir einen Preis. In den VLN-Rennen haben wir einige Indizien gesehen, aber mit Sicherheit noch nicht das gesamte Bild. Deshalb ist man gut beraten, nur auf sich zu schauen und den bestmöglichen Job zu machen. Wenn wir gut aufgestellt sind, und davon bin ich überzeugt, brauchen wir vor keinem Konkurrenten Angst zu haben.”
Viele sprechen angesichts des enormen Tempos an der Spitze von einem 24-Stunden-Sprintrennen. Andererseits sind im Vorjahr so viele vermeintliche Favoriten ausgefallen wie noch nie. Was ist die richtige Taktik für den Sieg?
Uwe Alzen: “Auf jeden Fall sollte man nicht ab der ersten Runde ans absolute Limit gehen, sondern das Rennen auf sich zukommen lassen. Ein wichtiger Meilenstein ist die 12-Stunden-Marke, nach der man eine Zwischenbilanz ziehen kann und sich anschaut, wer noch dabei ist und welche Zeiten fahren kann. Im Grunde ist die Taktik ein bewegliches Ziel, an dem permanent gearbeitet werden muss. Das passiert bei uns am Kommandostand – und ich glaube es gibt dafür keine Besseren als Charly Lamm und die anderen Schnitzer-Ingenieure.”
24 Stunden auf der härtesten Rennstrecke der Welt, zu der Sie ein ganz besonderes Verhältnis haben. Was verbinden Sie persönlich mit der Nordschleife?
Uwe Alzen: “So wie Wimbledon für Boris Becker das Wohnzimmer war, so ist es für mich die Nordschleife. Ich bin auf dieser Strecke groß geworden und habe viele Erfolge gefeiert. Jedes Rennen auf diesem Kurs ist einzigartig. Auch nach all den Jahren erlebe ich dort noch Überraschungen. Jedes Mal gibt es diese Momente, in denen man mit hohem Tempo auf eine Gruppe von langsameren Fahrzeugen trifft, die gerade um Positionen kämpfen. Dann kann auch schon einmal vorkommen, dass man es beim Überholen mit zwei Rädern über die Wiese fahren muss. Das sieht abenteuerlich aus. Aber solche Momente gehören auf der Nordschleife dazu. Diese Strecke fasziniert mich noch immer wie am ersten Tag.”
Einerseits müssen Sie in jeder Beziehung fit, konzentriert und professionell sein. Auf der anderen Seite zelebrieren rund um die Strecke Zehntausende eine ausgelassene Grillparty und feiern – den Profirennfahrer Uwe Alzen muss das kalt lassen. Aber wie sieht es mit dem Nordschleifen-Liebhaber aus? Lässt man sich von der Atmosphäre anstecken?
Uwe Alzen: “Natürlich bekommt man etwas von der Atmosphäre mit. Die Garage ist voll von BMW-Fans, die Begeisterung der Menschen ist allgegenwärtig. Im Auto ist man naturgemäß voll konzentriert. Aber wenn man in der Nacht an den unzähligen Lagerfeuern vorbeifährt und weiß, dass dort Tausende Fans feiern und uns unterstützen, dann bekommt man schon eine Gänsehaut. Ganz gleich, wie oft man schon in der Grünen Hölle angetreten ist.”
(Quelle: ADAC Nordrhein | Bilder: BMW Motorsport)