Nicht selten sind es völlig alltägliche Situationen, die in der Folge von kleinen Unaufmerksamkeiten zu schweren Unfällen im Straßenverkehr führen. Immer wieder kommt es auch an Kreuzungen zu Unfällen, an denen Linksabbieger dem Gegenverkehr die Vorfahrt nehmen und sich zwar mit geringer Geschwindigkeit, aber ohne das Bewusstsein falsch zu handeln auf Kollisionskurs begeben.
Genau für diese Situation arbeitet man bei BMW in München derzeit an einem Linksabbiegeassistenten, der durch das Betätigen des Blinkers, aber auch mit Hilfe von Kameras und einer Verbindung zum Navigationssystem erkennt, ob der Fahrer an einer entsprechenden Kreuzung mit Gegenverkehr links abbiegen möchte. Drei Laserscanner in der Front erfassen einen Bereich von bis zu 100 Metern vor dem Fahrzeug und sind sensibel genug, um neben PKW und LKW auch Motorräder zu erkennen.
Sollte der Fahrer durch falsches Abbiegen einen Unfall provozieren, greift das System sofort aktiv ein und bremst das Auto im Niedergeschwindigkeitsbereich von bis zu 10 km/h automatisch bis zum Stillstand ab. Eine vorherige Warnung ist in dieser Situation nicht möglich, weil es dann bereits zu spät und ein Unfall nicht mehr zu verhindern sein könnte. Um den Fahrer auf die Ursache der Bremsung aufmerksam zu machen, erhält er zeitgleich mit der Bremsung ein akustisches Signal und einen Hinweis im Head-Up Display.
Sobald der Fahrer selbst bremst, kann das Fahrzeug weiterfahren und auch mit einer erneuten Betätigung des Gaspedals lässt sich der Bremseingriff übersteuern, falls beispielsweise für einen Rettungswagen im Einsatz Platz gemacht werden muss.
Das Versuchsfahrzeug auf Basis der BMW 5er Limousine F10 verfügt zudem über eine WLAN-basierte Car-to-X-Kommunikationseinheit, die Fahrzeuge mit ähnlicher Technik bis zu einer Entfernung von 250 Metern erkennt. Anders als im Fall der Laserscanner erkennt dieses System auch verdeckte Fahrzeug, die sich auf Kollisionskurs befinden und kann den Fahrer rechtzeitig vor der Gefahrensituation warnen, wenn beispielsweise ein anderes Fahrzeug ungebremst auf eine rote Ampel zurollt.
Sollte sich beispielsweise ein entsprechend ausgerüstetes Motorrad einer Kreuzung nähern, an der ein weiteres Fahrzeug mit einer vergleichbaren Kommunikationseinheit wartet, beginnt zwischen beiden Verkehrsteilnehmern der Datenaustausch:
Udo Rietschel (zuständiger Entwicklungsingenieur im Projekt Linksabbiegeassistent der BMW Group Forschung und Technik): “Während sich das Motorrad nähert, findet eine Kommunikation zwischen den Fahrzeugen über die Car-to-X-Schnittstellen statt. Beide Fahrzeuge tauschen Informationen zu Fahrzeugtyp, Position und Geschwindigkeit sowie Fahrdynamikdaten aus, wie beispielweise den aktuellen Lenkwinkel oder ob der Blinker gesetzt ist.”
Erkennt das System, dass eine Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen wahrscheinlich ist, wird zunächst die Wahrnehmbarkeit des Motorrads durch diverse Lichtsignale erhöht. Reagiert der zweite Fahrer nicht, bremst der Linksabbiegeassistent das Fahrzeug automatisch ab und weist ihn auf sein Fehlverhalten hin. Erstmals präsentiert wird das im Rahmen des Forschungsprojekts Intersafe, an dem neben BMW auch Volvo, VW und andere Unternehmen beteiligt sind, entwickelte System am 17. und 18. Mai an einer abgesperrten Kreuzung in Wolfsburg.