Als wir im vergangenen Herbst den Pariser Automobilsalon besuchten, hatten wir nicht nur die dort ausgestellten Fahrzeuge im Blick. Stattdessen nutzten wir auch die Hin- und Rückfahrt für einen Versuch, der den französischen Autobahnen mit Tempolimit wie auf den Leib geschneidert ist: Wie wenig Kraftstoff kann man mit dem BMW 320d EfficientDynamics Edition tatsächlich verbrauchen?
Die Werksangabe von 4,1 Litern klingt zunächst beinahe unglaublich, wenn man sie mit den direkten Wettbewerbern vergleicht. Nirgendwo sonst erhält man ähnliche Fahrleistungen für derart wenig Durst und auch wenn das Sondermodell auf Basis des BMW 320d seine Enthaltsamkeit schon in mehreren Tests unter Beweis gestellt hat, wollten wir uns selbst ein Bild vom angeblichen Spritsparwunder machen. Selbstredend hängt der Praxisverbrauch auch beim BMW 320d EfficientDynamics Edition maßgeblich vom Fahrstil ab, weshalb wir das Fahrzeug in verschiedenen Situationen getestet haben und uns auch nicht auf einen einzigen Verbrauchswert beschränken wollen.
Das Exterieur der Sparvariante unterscheidet sich nur für geübte Augen von anderen Vierzylinder-Modellen der Baureihe E90. Die Leichtmetallräder Streamline 306 sind der einzige offensichtliche Hinweis auf das Sondermodell, denn die Tieferlegung um 10 Millimeter dürfte selbst im direkten Vergleich kaum ins Auge fallen. Wer möchte, kann aber auch andere Felgen im 16 Zoll-Format bestellen – größere Felgen gibt es mit Blick auf die Reifenbreite und den wachsenden Luftwiderstand zumindest ab Werk nicht.
Unterm Blech gibt es aber noch einige weitere Unterschiede, die gemeinsam mit den aerodynamischen Maßnahmen für den deutlich niedrigeren Verbrauch verantwortlich sind. Neben den längst bekannten EfficientDynamics-Maßnahmen wie Bremsenergierückgewinnung (Rekuperation), Schaltpunktanzeige, Auto-Start-Stopp-Funktion oder der bedarfsgesteuerten Entkopplung des Klimakompressors zeichnet sich das Sondermodell durch eine andere Motorabstimmung aus. Es bleibt bei 2,0 Litern Hubraum und 380 Newtonmeter maximalem Drehmoment, die Leistung sinkt aber um 21 auf 163 PS.
Das mittlerweile auch in anderen Modellen verfügbare Fliehkraftpendel im Zweimassenschwungrad gleicht die Drehungleichförmigkeit der Kurbelwelle aus und ermöglicht so besonders niedertouriges Fahren, ohne dass der Selbstzünder akustisch besonders unangenehm wird. Selbst mit 800 oder 900 Umdrehungen pro Minute kann man durch die Landschaft rollen, wenn man grade keine Motorleistung benötigt. Dennoch ist der 320d unverkennbar ein Diesel und läuft relativ rau, was die meisten Kunden dem Auto mit Blick auf den Verbrauch aber verzeihen dürften. Zum Sparen trägt zudem eine etwas längere Getriebeübersetzung bei, die das Fahren mit niedrigen Drehzahlen unterstützt.
Nicht einschränken muss man sich in Sachen Infotainment und der von uns gefahrene BMW 320d bot dann auch alles, was man momentan in dieser Hinsicht für die 3er-Reihe bestellen kann. Das seit Ende 2008 im 7er erhältliche festplattenbasierte Navigationssystem hat sich auch auf der Langstrecke und im chaotischen Pariser Stadtverkehr bewährt. Auf dem großen Display lässt sich auch das Internet bequem nutzen, aber die Geschwindigkeit der Verbindung und die Eingabe von längeren Texten per iDrive-Controller sind für eilige Anliegen ungeeignet.
Besonders auf langen Strecken ins Ausland lernt man die Option zu schätzen, einige hundert Lieder der eigenen MP3-Sammlung auf der fahrzeugeigenen Festplatte zu speichern oder per USB-Stick auf den Boxen des Fahrzeugs auszugeben. Verkehrsberichte verpasst man dank TCM ohnehin nicht, sodass man sich nicht mit Radioansagen in mehr oder wenigen bekannten Fremdsprachen auseinandersetzen muss.
Das Fahrwerk des BMW 320d EfficientDynamics Edition ist nicht nur 10 Millimeter tiefer als in der Serie, sondern auch relativ trocken abgestimmt. Der Spritspar-3er ist mit Sicherheit keine Sänfte, liegt dafür aber satt auf der Straße und kann bei Bedarf durchaus sportlich bewegt werden. Montiert ist übrigens keine RunFlat-Bereifung, stattdessen sind spezielle EnergySaver-Reifen verbaut, die ebenfalls einen Anteil am niedrigen Verbrauch haben sollen.
Die EnergySaver-Bereifung ist zwar kein Aushängeschild in Sachen Trockengrip, aber wer seinen 3er nicht unbedingt für Besuche auf der Rennstrecke bestellt, dürfte mit ihnen keine Probleme haben. Es versteht sich von selbst, dass Modelle mit breiterer Bereifung und M Sportfahrwerk noch mehr querdynamisches Potential besitzen, aber es ist keineswegs so, dass man im 320d keine Freude am Fahren empfinden könnte.
Aber wie ist es nun in der Praxis um den Verbrauch bestellt, immerhin soll hier ja die Kernkompetenz des BMW 320d EfficientDynamics Edition liegen? In einem Satz zusammengefasst könnte man sagen, dass die Sonderserie hier nicht enttäuscht. Legt man es darauf an, kann man sogar eine Drei vor dem Komma sehen und auf einem 26 Kilometer langen Stück französischer Autobahn zwischen Versailles und Paris erreichten wir bei einer Tempolimit-bedingten Durchschnittsgeschwindigkeit von etwas mehr als 85 km/h sogar einen Bordcomputer-Wert von nur 3,0 Litern. Die vom Bordcomputers angezeigten Werte befanden sich nahe an der Realität, sodass der reale Verbrauch auf diesem Teilstück bei etwa 3,2 Litern gelegen haben dürfte.
Ein schöner Rücken kann auch entzücken.
Tankstellenpächter könnten das in diesem speziellen Fall anders sehen.
Repräsentativ ist dieser Wert allerdings nicht, denn bei häufigeren Beschleunigungsmanövern, höheren Geschwindigkeiten oder gar Stadtverkehr gönnt sich natürlich auch der sparsamste aller 3er den einen oder anderen Zehntelliter mehr, als der Normverbrauch angibt. Fährt man auf deutschen Autobahnen vorausschauend mit Geschwindigkeiten um die 200 km/h, darf man alle 100 Kilometer rund sechs Liter Diesel nachfüllen.
Unterm Strich haben wir den BMW 320d EfficientDynamics mit ziemlich genau 5 Litern auf 100 Kilometer bewegt, sind dabei aber auch nicht zurückhaltend gefahren. Will man einen möglichst niedrigen Verbrauch und fährt entsprechend gemächlich, ist es aber kein Problem, die Werksangabe einzuhalten. Für eine Limousine mit 163 PS und einer Außenlänge von mehr als 4,50 Metern stellt das Sondermodell also auch in der Praxis ein sehr gutes Angebot dar.
Als Nachteil des Sondermodells muss genannt werden, dass leider einige Sonderausstattungen nicht verfügbar sind. Wer nicht auf Anhängerkupplung, Automatikgetriebe, M Sportpaket, Aktivlenkung oder aktive Geschwindigkeitsregelung verzichten will oder kann, wird mit dem 320d EfficientDynamics Edition jedenfalls nicht glücklich. All diese Maßnahmen würden zu einem höheren Verbrauch beitragen, weil sie beispielsweise im Fall der aktiven Geschwindigkeitsregelung eine andere Aerodynamik erfordern oder im Fall der Anhängerkupplung schlecht mit längerer Gesamtübersetzung und Tieferlegung harmonieren würden.
Fazit
Wenn man sich momentan für eine Mittelklasse-Limousine mit Vierzylinder-Diesel interessiert, sollte man den von uns getesteten BMW 320d EfficientDynamics Edition auf keinen Fall außer Acht lassen. Der Grundpreis liegt mit 34.300 Euro exakt auf dem Niveau des normalen 320d mit 184 PS, aber im Alltag dürfte man sich wesentlich häufiger über den niedrigeren Verbrauch freuen als den “fehlenden” 21 PS nachtrauern.
Da das Sondermodell für die meisten Autofahrer keine Einschränkungen in der Nutzbarkeit mit sich bringt und in Sachen Infotainment genauso hochgerüstet werden kann wie alle anderen Modelle der 3er-Reihe, spricht aus unserer Sicht kaum etwas für den normalen 320d. Leistungshungrige dürften mit den souveränen Sechszylinder-Modellen ohnehin besser bedient sein, müssen dann neben den höheren Anschaffungskosten aber auch etwas mehr Durst in Kauf nehmen.