Kurzvorstellung: Tuningversionen auf Basis des BMW 535i E34

BMW 5er | 2.01.2011 von 11

Gestern haben wir detailliert den BMW 535i E34 von 1988 betrachtet. Ein sehr souveränes Auto, bei dem allerdings für so manchem Eigner der letzte Biss …

Gestern haben wir detailliert den BMW 535i E34 von 1988 betrachtet. Ein sehr souveränes Auto, bei dem allerdings für so manchem Eigner der letzte Biss in Sachen “Sportlichkeit” fehlte. Zu seiner Zeit kümmerten sich insbesondere drei Firmen um mehr Dynamik beim 535i: AC Schnitzer, Alpina und Hartge.

Alle boten sowohl Komplettfahrzeuge als auch punktuelle Tuningmaßnahmen an. Ja, richtig gelesen, auch die Manufaktur Alpina offerierte damals nachträgliche, tief greifende Modifikationen am 5er BMW. Wir möchten an dieser Stelle einen kleinen Einblick in die Tuningwelt von damals geben. Den Anfang soll dabei die Interpretation von AC Schnitzer machen:

BMW_AC-Schnitzer_S5_35_E34

Der Zylinderkopfbausatz aus Aachen sah einen speziell nachgearbeiteten Zylinderkopf mit erweiterten und geglätteten Kanälen vor. Zudem hielt eine andere Nockenwelle mit längeren Ventilöffnungszeiten, ein Fächerkrümmer, ein neu programmiertes Steuergerät und gegen die etwas zu lange Gesamtantriebsübersetzung ein kürzeres Differential. Optisch wurde das Motortuning durch einen Ventildeckel und eine Auspuffendblende im AC Schnitzer-Design angehübscht.

Statt der serienmäßigen 211 PS leistet der AC Schnitzer S5 3.5 nun satte 245 PS. Das maximale Drehmoment des Zweiventilers kletterte trotz der scharfen Nockenwelle um 10 Nm bei nahezu gleich bleibender Drehzahl. Die Mehrleistung von 34 PS bewirkt beim Sprint von 0 auf 100 km/h mit 7,5 s eine Verbesserung um 0,2 s und eine erhebliche Steigerung der Höchstgeschwindigkeit auf 250 km/h (statt 235 km/h).

Im tatsächlichen Fahrbetrieb war der 535i von AC Schnitzer im Alltag dem Rest der Autowelt genauso überlegen, aber bei höherer Drehzahl noch vehementer, nachdrücklicher und kerniger. Dazu passt auch gut, dass die maximal erreichbare Drehzahl bis zur Abregelgrenze um 300/min erhöht wurde. Für einen bassigeren Sound gab es eine Sportauspuffanlage, bestehend aus Vor- und Nachschalldämpfer.

Der aus heutiger Sicht schon ab Werk ergreifende Motorsound des M30 wurde durch die Modifikationen im Zylinderkopf, dem Fächerkrümmer und der Auspuffanlage noch eindringlicher, ohne dabei bubenhaft zu wirken. Der große Hubraum von 3.430 cm³ mit einem Zylindereinzelvolumen von 572 cm³ war dabei natürlich der Ursprung des Sounds. Der geneigte 535i-Fahrer konnte den Zylinderkopfbausatz bis zu einer Laufleistung von 30.000 km für 8.950 DM verbauen lassen, da im Tausch mit den modifizierten Teilen der ausgebaute Zylinderkopf und das Differential bei AC Schnitzer blieben.

Neben dem Triebwerk wurden natürlich auch Fahrwerk und Optik verändert. Das Serienfahrwerk konnte gegen ein Sportfahrwerk mit 35 mm Tieferlegung getauscht werden. Zusätzlich gab es spezielle Drehstab-Stabilisatoren für die Vorder- und Hinterachse mit vergrößertem Durchmesser. Als Räderwerk wurden maximal 8,5J breite 17 Zoll-Felgen im 5-Speichendesign mit 235er Reifen angeboten. Die Typ I genannte Felge war im Übrigen das erste, eigene Raddesign von AC Schnitzer.

Der Innenraum konnte mit einer in den 80er Jahren modernen Holzausstattung ausgeschmückt werden. Das Walnussholz war wahlweise in Braun und Schwarz erhältlich. 1988 war für den 5er auch bereits ein Aerodynamikprogramm verfügbar, das einen Frontspoiler, Seitenschweller, eine Heckschürze und einen Kevlarverstärkten Heckflügel vorsah.

BMW_Alpina_B10_35_E34

Alpina im bayrischen Buchloe ging noch umfangreicher zu Werke, um aus einem 535i einen B10 3.5 machen zu können. Die nicht nur räumliche Nähe zur Münchner BMW-Zentrale sorgt allerdings auch für noch bessere Grundvoraussetzungen um das Tuning zu realisieren. So bekam der im Hubraum nicht veränderte Motor einen modifizierten Motorblock und andere Kolben um eine innovative Kolbenbodenkühlung durch Öl zu realisieren. Die Motorhaltbarkeit bei Dauervolllast wurde so effektiv weiter gesteigert.

Der Zylinderkopf, die Nockenwellen, Ventile, Kraftstoff-Einspritzventile und der Ölkühler wurden wie die gesamte Auspuffanlage mit Fächerkrümmer und Metallkatalysatoren geändert. Selbstredend wurde auch die Bosch Motronic neu abgestimmt, sodass der Motor im Prinzip ein komplett neues Triebwerk darstellt.

Lohn der Mühe ist eine im Vergleich zu AC Schnitzer noch höhere Leistungsausbeute. Die Motorleistung stieg bei gleich gebliebenem Hubraum von 218 PS auf 254 PS bei 6.000/min. Das Drehmoment stieg von 305 auf 325 Newtonmeter. Das Hinterachsgetriebe wurde wie bei AC Schnitzer mit einem Übersetzungsverhältnis 3.73:1 kürzer als beim Ausgangsmodell ausgelegt – Gut für bessere Beschleunigung und noch satteren Durchzug.

Der B10 3.5 beschleunigt mit der Mehrleistung von 43 PS aus dem Stand in 7,4 s auf 100 km/h und fährt laut Fahrzeugschein 252 km/h. Bei ein wenig Gefälle auf der Autobahn rasselt der Alpina aber auch schnell bei etwas über echten 260 km/h in den Drehzahlbegrenzer. Im Durchzug ist der Alpina dem 535i ebenfalls überlegen. Im Sprint von 60 aus 100 km/h im IV. Gang ist der B10 eine knappe halbe Sekunde schneller. Der Motorkit war bis zu einer Laufleistung von 50.000 km im Tausch mit dem Serientriebwerk verbaubar.

Das Fahrwerk konnte wie bei AC Schnitzer auch bei Alpina getauscht werden, die Stabilisatoren blieben allerdings unverändert. Die Räderkombination fiel hingegen bei Alpina noch breiter aus: Vorn werden 235er Reifen über 8,5J breite 17 Zoll-Felgen im üblichen Alpina 20-Speichendesign gezogen, hinten sogar 265er Pneus über 9,5Jx17 Felgen. Wie auch heute noch wählte man in Buchloe ausschließlich Reifen der Marke Michelin.

Die Aerodynamik der B10-Karosserie konnte den höheren erreichbaren Geschwindigkeiten angepasst werden. Ein für den Alltagsgebrauch bisweilen zu tiefer Frontspoiler und ein Heckflügel reduzieren effektiv die Auftriebskräfte und halten trotz der breiten Bereifung den Luftwiderstandsbeiwert mit cw 0,32 auf Niveau des normalen 535i.

Das Komplettfahrzeug beinhaltet darüber hinaus auch im Innenraum typische Alpina Details. So weisen die Tachoeinheit, Lenkrad, Fußmatten, Einstiegsleisten, Polsterung und Edelholzleisten den Wagen als Alpina aus. Im Grundpreis war ein B10-Komplettmodell 25.500 DM teurer als ein normaler BMW 535i (62.000 DM). Insgesamt verließen vom B10 3.5 übrigens 572 Einheiten das Buchloer Werk.

BMW_Hartge_H5_35_E34

Hartge nahm 1988 zum Preis von rund 6.800 DM am Motor die im direkten Vergleich zu den anderen beiden Tuningvarianten geringsten Modifikationen vor. Das Hartge H5 genannte Modell erhielt eine andere Nockenwelle, ein kennfeldmodifiziertes Steuergerät und einen Fächerkrümmer aus Edelstahl. Der Motor leistet damit 240 PS bei 5.900/min und 335 Nm bei 4.100/min. Die Fahrleistungen sind nahezu identisch mit dem AC Schnitzer S5 3.5 aus Aachen.

Das BMW-Fahrwerk konnte optional gegen eine Sportvariante mit 25 mm Tieferlegung getauscht werden. Bei den Rad-/Reifenkombinationen blieb Hartge damals noch eine Nummer kleiner als die Konkurrenz und bot maximal 8,5Jx16 Zoll Felgen mit 245er Reifen rundum an. Dafür gab es die Felgen in der teuersten Version allerdings auch in schicker dreiteiliger Optik. Das Spoilerpaket, bestehend aus Front- und Heckschürze, Seitenschweller und Heckflügel, sieht bei dem von Hartge getunten 535i besonders homogen und stilvoll aus. Ein kleineres Lederlenkrad und typische Innenraum-Applikationen wie einen Schaltknopf im Hartge-Stil konnte man beim saarländischen Tuner ebenfalls bestellen.

Alle drei Firmen boten neben den hier vorgestellten Tuningstufen ein paar Jahre später auch noch weitere Modelle an. AC Schnitzer vergrößerte beispielsweise den Motor des BMW 535i mit einer anderen Kurbelwelle auf 3.7 l Hubraum und verpasste der Karosserie beim Silhouette-Bausatz kräftige Kotflügelverbreiterungen. Alpina bot später jahrelang auf Basis des 535i die zeitweise schnellste Serienlimousine der Welt, den Alpina B10 Bi-Turbo, an und Hartge verpflanzte mächtige V12-Motoren in die 5er Karosserie.

(Bilder: AC Schnitzer / Alpina / Hartge)

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