Infos zur Großserienfertigung von Carbon-Bauteilen bei BMW

BMW i | 8.12.2010 von 5

Carbon gilt seit Jahren als möglicher Heilsbringer beim Thema Fahrzeuggewicht. Durch immer weiter wachsende Abmessungen und gleichzeitig zunehmende Anforderungen im Bereich der passiven Sicherheit gelingt …

Carbon gilt seit Jahren als möglicher Heilsbringer beim Thema Fahrzeuggewicht. Durch immer weiter wachsende Abmessungen und gleichzeitig zunehmende Anforderungen im Bereich der passiven Sicherheit gelingt es kaum einem Hersteller, das Fahrzeuggewicht im Lauf der Jahre konstant zu halten oder gar zu senken – trotz modernster Techniken beim Einsatz von Stahl, Aluminium und Kunststoff.

Die sich scheinbar unaufhaltsam nach oben drehende Gewichtsspirale führt aber zu einer ganzen Reihe von Nachteilen, denn hohes Gewicht mindert die Fahrdynamik und erhöht den Verbrauch. Um dennoch keine Rückschritte bei der Fahrdynamik zu machen, werden die Motoren immer leistungsstärker, Fahrwerke aufwendiger und Bremsen immer größer. Diese Maßnahmen tragen ihrerseits wieder zu einem höheren Gesamtgewicht bei und verdeutlichen die Notwendigkeit von größeren Einsparungen an anderen Stellen.

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Bei den künftigen Elektrofahrzeugen wird das Thema Gewicht eine noch größere Rolle spielen, weil der Antriebsstrang in Folge der schweren Batterien ohnehin mehr Kilogramm auf die Waage bringt als bei einem vergleichbaren Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Das hohe Gewicht sorgt aber andererseits für eine Reduzierung der Reichweite – wogegen nur mehr Batterien helfen würden. Um diesem Teufelskreis zu entrinnen, ist eine besonders leichte Karosserie besonders erstrebenswert.

Neben dem Thema Gewicht profitiert auch die passive Sicherheit vom Einsatz des leichten Werkstoffs, denn die Intrusionstiefe kann beispielsweise bei einem seitlichen Pfahlaufprall gegenüber einer Stahl-Karosserie um den Faktor 2 bis 2,5 verringert werden. Um den Überlebensraum der Insassen in einem Fahrzeug mit Carbon-Fahrgastzelle signifikant zu verringern, sind extrem schwere und daher zum Glück extrem seltene Unfälle nötig.

Aufgrund der wirkenden Verzögerungen wird es selbstredend auch weiterhin Verletzungen bei Unfällen geben, aber immerhin bleibt der Überlebensraum in der Regel unverändert und lässt sich daher besser mit Airbags ausfüllen, als dies im Fall einer durch Intrusion kleiner werdenden Fahrgastzelle der Fall ist. Besonders beim Seitenaufprall ist es eine Herausforderung, die entsprechenden Airbags rechtzeitig zu entfalten, bevor der Raum zwischen Fahrer und Seitenwand zu klein ist. Bleibt dieser Raum erhalten, können auch die Airbags schonender eingesetzt werden.

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Vieles spricht also für den umfangreichen Einsatz von Carbon im Automobilbau, doch bisher konnte sich der Werkstoff nur in Supersportwagen wirklich durchsetzen. In diesem wenig preissensiblen Segment spielt der Aufpreis für den Werkstoff eine untergeordnete Rolle, doch in anderen Fahrzeugklassen ist der großflächige Carbon-Einsatz kaum zu bezahlen. Bei BMW gab es bereits den M3 CSL E46 mit einem Dach aus Kohlefaser-Verbundstoff und auch die aktuelle M3-Generation E92 trägt bekanntlich ein Carbon-Dach, die restlichen Bauteile der Karosserie sind aber aus anderen Werkstoffen.

Das liegt vor allem am aufwendigen Prozess der Herstellung, denn die Fasern mussten bisher Schicht für Schicht zu einem Gelege zusammengefügt werden, das dann gebacken wurde. Die Produktion großer Stückzahlen war auf diesem Weg kaum möglich und auf jeden Fall nicht rentabel durchführbar.

Zusammen mit dem CFK-Spezialisten SGL Carbon hat die BMW Group aber offenbar eine Möglichkeit gefunden, den Werkstoff kosteneffizient in Großserie herzustellen. Dazu trägt die Tatsache bei, dass die Carbon-Fasern mit einem speziellen Klebstoff miteinander verbunden werden, was das zeitintensive Backen überflüssig macht. Allem Anschein nach können diesem Klebstoff auch Farbpigmente beigesetzt werden, was eine Lackierung der Außenhaut überflüssig macht – da Carbon nicht korrodiert, genügt eine einfache Klarlackschicht für eine perfekte Optik in der vom Kunden gewünschten Farbe.

Bei dem für 2013 angekündigen BMW Megacity Vehicle mit reinem Elektroantrieb sowie dem für 2014 geplanten Hybrid-Sportler BMW Vision EfficientDynamics wird die gesamte Fahrgastzelle aus Carbon bestehen und für einen erheblichen Gewichtsvorteil gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mit Stahlkarosserien sorgen.

In diesem Fall dreht sich die Gewichtsspirale in die umgekehrte Richtung, denn Fahrwerk, Motoren und Bremsen können für ein ähnliches Fahrdynamik-Potential entsprechend kleiner dimensioniert werden. Das Megacity Vehicle soll durch den umfangreichen Carbon-Einsatz nicht schwerer sein als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, was mit Blick auf den etwa 250 bis 300 Kilogramm schwereren Antriebsstrang eine beachtenswerte Leistung ist.

Während die energieintensive Fertigung der Fasern im neuen Werk Moses Lake in Washington State stattfinden wird, findet die weitere Fertigung in Deutschland statt. Zunächst werden die Fasern im Werk Wackersdorf zu Fasergelegen weiterverarbeitet, diese sollen dann am Standort Landshut zu fertigen Karosseriekomponenten gemacht werden. Die Montage der unter Project i entwickelten Fahrzeuge erfolgt schließlich im Werk Leipzig.

Im Video sieht man, wie das Carbon-Dach für das BWM M3 Coupé E92 im Werk Landshut produziert wird. Die Produktion von CFK-Elementen soll bei der Großserienfertigung für Megacity Vehicle und Vision EfficientDynamics noch deutlich schneller und effizienter geschehen, hier lässt sich BMW aber noch nicht in die Karten blicken.

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