Unsere Partnerseite BMWblog.com hatte auf dem “Oktoberfest” in den USA nicht nur Gelegenheit, das teilweise enttarnte BMW 1er M Coupé zu begutachten, sondern durfte auch ein ausführliches Interview mit Dr. Kay Segler führen. Segler ist aktuell für die M GmbH verantwortlich und unter seiner Regie kamen durchaus streitbare M-Modelle wie der BMW X5 M sowie der BMW X6 M auf den Markt, außerdem fällt auch die Abkehr von den Hochdrehzahl-Saugmotoren hin zu aufgeladenen Triebwerken in seine Zeit an der Spitze von BMW M.
Im Interview sprechen Horatiu und Dr. Segler über die Vergangenheit der M GmbH, künftige Modelle und den Umgang mit neuen Technologien. Wir haben das Gespräch sinngemäß übersetzt und wünschen viel Spaß bei der Lektüre!
BMWblog.com: Herr Segler, welche Erfahrungen haben Sie bisher an der Spitze der M GmbH machen dürfen?
Segler: Jeder einzelne Tag ist ein Erlebnis. Ich bin am 7. Mai 2009 dazugestoßen und möchte keinen Tag seitdem missen. Besonders aufregend war die Tatsache, dass wir den BMW M3 GTS in sehr kurzer Zeit entwickeln konnten. Zu Beginn hatte das Projekt noch keinen Namen, diesen haben wir erst später gefunden.
Das andere Auto, das zum Ende dieses Jahres enthüllt werden wird, ist das BMW 1er M Coupé. Wir arbeiten aktuell auch an anderen spannenden Produkten, denn gegen Ende des nächsten Jahres kommt der neue BMW M5. Es macht Spaß, solche Fahrzeuge zu entwickeln. Außerdem sind wir nicht nur für die M Fahrzeuge verantwortlich, sondern auch für die M Sportpakete, das BMW Individual Programm und die Fahrertrainings. Auch auf diesen Gebieten entwickelt sich vieles weiter.
BMWblog.com: Wie sieht ihre Vision von künftigen Fahrzeugen der M GmbH aus?
Segler: Es gibt bestimmte Dinge, um die wir uns einfach kümmern müssen, dazu gehört beispielsweise die Reduzierung der CO2-Emissionen. Außerdem besteht das klare Ziel, unseren Kunden “zwei Fahrzeuge in einem” zu bieten. Das Fahrzeug soll also im Alltag überzeugen, aber mit dem Druck auf den M Button zum Sportwagen werden. Das haben wir im BMW X6 M und X5 M schon umgesetzt und auch der neue M5 wird diese Charakteristik aufweisen. Es steht außer Frage, dass wir auch zukünftig die jüngste und dynamischste Performance-Marke sein wollen. Genau dafür brauchen wir das Fahrzeug, das im nächsten Frühjahr auf den Markt kommen soll. Wir wollen jung sein, junge Menschen sollen die Marke attraktiv finden.
BMWblog.com: Was ist Ihrer Meinung nach der beste BMW aller Zeiten?
Segler: Es gibt so viele Antworten auf diese Frage, ich bin beispielsweise auch Motorradfahrer und mag die GS von Anfang an. Ein solches Motorrad kann man aber nicht mit einem M wie dem M3 E30 vergleichen. Insofern gibt es eine ganze Reihe von Traumautos, die mir gefallen. Im Moment fahre ich einen roten X6 M und auch dieses Auto gefällt mir sehr gut. Es ist ein fantastisches Auto und ich bin bereits 15.000 Kilometer damit gefahren.
BMWblog.com: Okay, dann grenzen wir die Frage etwas ein: Was ist ihr liebstes M Modell aller Zeiten?
Segler: Im Moment der M3 GTS.
BMWblog.com: Welche Design-Merkmale zeichen die Marke BMW M aus?
Segler: An vorderster Stelle steht hier die Tatsache, dass die Funktion über das Design bestimmt. Zum Beispiel kann man die Lufteinlässe nicht kleiner gestalten, selbst bei großen Fahrzeugen wie dem X6 M. Das Auto benötigt sehr viel Luft und natürlich spielt auch die Aerodynamik eine Rolle und bestimmt einen großen Teil des Designs. Beim M3 GTS benötigten wir den Spoiler am Heck für zusätzlichen Anpressdruck. Ich denke, wir haben mit dem generellen BMW Design eine sehr starke Basis und fügen dann die Funktionalität hinzu, die einen BMW M auszeichnet.
BMWblog.com: Wie wird BMW M die künftigen Turbomotoren von den Turbomotoren anderer Hersteller abgrenzen?
Segler: Das ist eine gute Frage, aber es ist nicht unsere Aufgabe, uns von Wettbewerbern zu unterscheiden, sondern die Aufgabe heißt, die Träume unserer Kunden zu erfüllen. Ich denke, wir haben das mit unseren letzten Autos mit dem Motor S63 gezeigt – das Ansprechverhalten dieser Turbomotoren ist einmalig und beinahe unglaublich.
BMWblog.com: Welche Dinge sind es im Allgemeinen, die Fahrzeuge von BMW M von ihren Wettbewerbern unterscheiden?
Segler: Es geht uns nicht darum, mit den Wettbewerbern zu kämpfen, wir wollen einfach nur die Nummer Eins sein. Wir schauen nicht darauf, was andere machen. Der Ansatz von den “zwei Autos in einem” wird von uns sehr gut umgesetzt und ich glaube, dass diese Eigenschaft in der Zukunft besonders wichtig sein wird. Natürlich kann man auch reinrassige Sportwagen bauen, aber was nützt es, wenn man damit nur jedes dritte Wochenende unterwegs sein kann? Wir wollen keine Autos, die fast nur in Garagen stehen, wir wollen Autos für die Straße!
BMWblog.com: Können Sie den perfekten M Kunden beschreiben? Wer sind Ihre Kunden, wie sieht ihre Persönlichkeit aus?
Segler: M Fahrer interessieren sich sehr für Autos und haben eine emotionale Bindung zu ihnen. Sie fahren gerne Auto und haben Spaß daran, ihr persönliches Limit zu suchen. Sie wollen Fahrzeuge auf der Rennstrecke nutzen. Sie interessieren sich für das Auto und dessen Charakteristik, denn das Auto muss auch zum Fahrer passen. Außerdem spricht der perfekte Kunde mit seinen Freunden und erzählt ihnen, dass er das beste Auto der Welt fährt.
BMWblog.com: Alle M Fahrzeuge können auf Rennstrecken bewegt werden, aber mit Blick auf das Gewicht sind manche dafür deutlich besser geeignet als andere. Werden wir künftig noch weitere Modelle wie das 1er M Coupé sehen, die für Enthusiasten gemacht sind?
Segler: Ja, aber wir können jetzt noch nicht über zukünftige Modelle reden. Wir haben einige aufregende Ideen, aber im Moment müssen die Leute noch etwas auf diese Infos warten.
BMWblog.com: Wir wollen nicht zu aufdringlich sein, aber können Sie uns schon etwas zu den noch unbekannten Designelementen des 1er M Coupés sagen?
Segler: Schon jetzt kann ich Ihnen sagen, dass wir wie beim M3 GTS eine Farbe einführen werden, die in Erinnerung bleiben wird. Die Menschen werden das 1er M Coupé dank der speziellen Farbe auch in einigen Jahren noch sofort erkennen.
BMWblog.com: Wir wollen Sie es erreichen, dass die Fahrzeuge der M Modelle erreichbarer werden, ohne gleichzeitig das Prestige und das Image der Marke zu schädigen?
Segler: Wenn ein junger Kunde mit etwas weniger Geld ein Modell der M GmbH kaufen möchte, kann er sich einen gebrauchten M zulegen, schließlich sind praktisch alle M-Modelle noch zu haben. Unserer Meinung nach kann man sowohl mit einem gebrauchten BMW M3 E46 als auch mit einem 1er M Coupé unterwegs sein, ohne dass dies Folgen für das Image der Marke hätte.
BMWblog.com: Wie unterscheidet sich die Fahrdynamik heutiger Modelle der M GmbH von den früheren Modellen?
Segler: Eine neue Stärke sind die elektronischen Hilfssysteme, die dem Fahrer zusätzliche Sicherheit bieten, die man früher so nicht hatte. Wir sehen das als großen Vorteil, den wir heute und in Zukunft gegenüber früheren Fahrzeugen haben.
BMWblog.com: Viele unserer Leser sehnen sich eher nach dem puristischen und ehrlichen Fahrverhalten eines BMW M3 E30 als nach zusätzlicher Elektronik. Wird es künftig auch wieder Modelle der M GmbH geben, die diesen Kundenkreis stärker ansprechen?
Segler: Das BMW 1er M Coupé geht schon etwas in diese Richtung, daher würde ich diesen Leuten dieses Auto empfehlen. Man kann Fahrzeuge wie den M3 E30 aber nicht einfach wiederholen, da sprechen eine ganze Reihe von aktuellen Gesetzen dagegen. Darum ist ein BMW M3 E30 aber auch so einzigartig und es lohnt sich auch heute noch, ein solches Auto zu kaufen.
BMWblog.com: Gibt es Unterschiede in der Produktion von normalen BMWs und den exklusiveren Modellen der M GmbH? Werden auch heute noch Komponenten von Hand gefertigt?
Segler: Mit Ausnahme des M3 GTS gibt es hier kaum Besonderheiten. Das bringt uns ein paar Vorteile auf der Kostenseite und schadet der Qualität nicht. Außerdem müssen wir uns daher keine Gedanken um Mindest-Stückzahlen machen, damit keine Bänder stillstehen. Anderenfalls müsste man bei geringem Absatz die Verkäufe ankurbeln, solche Maßnahmen schaden aber dem Wert der Marke. Auch bei höherer Nachfrage kann man so flexibler reagieren, eine Produktion an einem eigenen Standort würde sich für uns daher nicht rentieren.
BMWblog.com: Beeinflusst die M GmbH auch die Entwicklung der ganz normalen BMWs, damit die Fahrzeuge sich dann als gute Grundlage für ein M-Modell präsentieren? Wird beispielsweise bei der Entwicklung der neuen 3er-Reihe mitgeredet, damit schon hier die Grundlage für einen herausragenden M3 gelegt wird?
Segler: Das findet kaum statt. Die grundsätzlichen Entscheidungen bei der Entwicklung der 3er- oder 5er-Reihe werden ohne uns getroffen, aber natürlich haben alle BMW-Modelle sportliche Gene und sind insofern gut geeignet. Man muss also häufig keine großen Spoiler verwenden, um die Fahrzeuge sportlich zu machen. Auf dieser soliden Basis von BMW lässt sich also immer gut aufbauen.
BMWblog.com: Wie lange dauert der Designprozess für ein M-Modell, bevor es fertig für die Serienproduktion ist?
Segler: Das ist unterschiedlich. Wir machen ungern Kompromisse, daher lassen wir uns auch Zeit und bringen beispielsweise den M5 erst deutlich später als die normale 5er Limousine. Beim 1er M Coupé waren wir außerordentlich schnell. Wir sind dort einige Risiken eingegangen aber wir haben das in unserem kleinen Team gut gelöst. Die Idee dazu hatten wir im letzten Juni oder Juli und im Frühjahr nächsten Jahres wird das Auto auf der Straße stehen, da hat das Team also insgesamt einen hervorragenden Job gemacht.
BMWblog.com: Der BMW M3 GTS war schon lange vor Produktionsende ausverkauft und ist insofern sicherlich als Erfolg zu betrachten. Werden wir künftig auch von anderen Modellen derart radikale Ableger zu sehen bekommen?
Segler: Nun, Geheimnisse bleiben nur so lange Geheimnisse, wie man sie für sich behält. Natürlich gibt es Potential für sehr spezielle Modelle, wenn die Kunden solche Modelle wünschen. Wir haben momentan kein konkretes Projekt in dieser Richtung, aber wir haben durchaus Appetit auf derartige Fahrzeuge.
BMWblog.com: Wen sehen Sie als schärfsten Konkurrenten der M GmbH?
Segler: Zählt auch BMW als Antwort? (lacht)
BMWblog.com: Umweltverträglichkeit, Verbrauch und Emissionen spielen eine immer größere Rolle in der Automobilindustrie, neue Technologien sollten auch für sportliche Fahrzeuge interessant sein. Wird es auch von der M GmbH künftig Modelle mit Dieselmotor oder mit einem Hybrid-Antriebsstrang geben?
Segler: Wir haben bereits kommuniziert, dass der neue M5 beim Verbrauch um 20 bis 25 Prozent unter seinem Vorgänger liegen wird. Damit stehen wir auch im Vergleich zu unseren Wettbewerbern deutlich an der Spitze. Bei anderen Technologien müssen wir uns einfach fragen, ob sie unsere Anforderungen erfüllen oder nicht. Wenn man beispielsweise mit einem Hybrid-System zu viel Gewicht hinzufügt, leidet das Handling des Fahrzeugs.
Die Frage nach einem Diesel ist äußerst interessant. So lange unser Hauptmarkt in den USA die Vorteile des Dieselmotors nicht erkennt, limtiert das auch unseren Antrieb, irgendetwas in diese Richtung zu entwickeln. Dieselmotoren sind heute gewaltige Maschinen, aber die USA sind unser Hauptmarkt. Diesel haben durchaus sportliches Potential, wie auch unsere Siege mit Dieselmotoren bei Langstreckenrennen zeigen.
BMWblog.com: Herr Segler, wir danken Ihnen für das Gespräch und warten gespannt auf die künftigen Produkte der M GmbH!
Das komplette Interview in englischer Sprache gibt es direkt bei BMWblog.com.