Nachdem es bislang allgemein hin weniger verbindliche Fahrberichte über die neue Sportskanone BMW M3 GTS gab, erschien in der aktuellen Auto Bild (Ausgabe 31/2010) der erste Vergleichstest. Der Test fand gegen den ärgsten deutschen Widersacher derselben Gilde statt: den Porsche 911 GT3 RS.
Bevor es allerdings zum Duell kam, gab es im Stand die erste Kontaktaufnahme der beiden Kontrahenten. Der GTS beeindruckte den Redakteur Jörg Maltzan nicht nur wegen seiner aggressiven Lackierung in Feuerorange, auch das locker über 8.000/min drehende Sporttriebwerk begeisterte den erfahrenen Tester.
Einem waschechten Renntourenwagen kommt der M3 GTS ziemlich nah, und spätestens wenn der Startknopf gedrückt wird, dürften Porsche-Fahrer die Ohren spitzen. Was für ein Sound! Im Stand wummert, röhrt und dröhnt der Achtzylinder derart voluminös, dass er den Porsche übertönt.
Beim Porsche erwacht eine beeindruckende Stimme erst ab 4.000/min. Frontspoiler und einen großen, fest stehenden Heckflügel haben natürlich beide. Große 19 Zoll Felgen auf Semislicks ebenfalls. Die Rad-/Reifendimension an der Vorderachse ist in etwa identisch, allerdings an der Hinterachse wurden beim Porsche pro Seite gut 5 cm breitere Felgen und 4 cm breitere Reifen montiert. Ergo etwa 8 cm mehr Aufstandsfläche an der Hinterachse! Das aufwendige GTS-Fahrwerk und die steife Karosserie überzeugte den Redakteur:
Entschlossen stürmt der scharfgemachte M3 auf die Piste und liegt, wie ein Wettbewerbsauto liegen muss: satt, ruhig, neutral und mit präzisem Lenkverhalten. Auch ohne elektronische Unterstützung bleibt das Geschoss beherrschbar.
Der GT3 RS zieht die Fahrwerksregister neben der martialischen Bereifung noch gründlicher und hat so zum Beispiel serienmäßig eine dynamische Motorlagerung. Der Testwagen besaß auch die fast 9.000 EUR teure, unnachgiebig zupackende Keramikbremsanlage.
Kommen wir zur Betrachtung des Karosserielayouts: Während der GTS im Prinzip von einer viertürigen Limousine, die im Vergleich 20 cm länger und fast 11 cm höher ist, abstammt, greift der GT3 RS auf den 911 als waschechten Heckmotor-Sportwagen zurück. Auch wenn das Kofferraumvolumen bei den Boliden vermutlich das unwichtigste Kaufargument sein wird, machen 430 ltr zu 105 ltr deutlich, welchen Ursprung die Wagen jeweils haben.
Der GTS ist aber nicht nur erheblich größer, sondern auch schwerer. So bietet er 450 PS bei nachgewogenen 1.538 kg Leergewicht (Werksangabe 1.530 kg). Der Porsche kann ebenfalls mit 450 PS bei heutzutage bemerkenswert leichtgewichtigen 1.400 kg (Werksangabe 1.370 kg) in dieser Disziplin klar punkten. Das höhere Gewicht des BMW lässt sich nicht völlig kaschieren. Ein anderer Gesichtspunkt ist die fahrwerkliche Alltagstauglich- und Gutmütigkeit, die es erlaubt, dass sich auch Gentleman-Fahrer an den Grenzbereich herantasten können.
Allerdings könnten fortgeschrittene Lenkradartisten die mangelhafte Beweglichkeit des GTS kritisieren. Von einem hilfreichen Eindrehen in Kurven durch Lastwechsel keine Spur.
Auf dem ersten Blick erscheinen die Leistungsgewichte 3,11 kg/PS seitens des Porsche und 3,42 kg/PS beim BMW vielleicht ähnlich zu sein, auf engen Rennstrecke hingegen machen sich die 140 Minderkilos stark bemerkbarer. Egal ob beim Beschleunigen, Bremsen oder in Kurven macht es Auto Bild Redakteur Maltzan nach die höhere Gewichtsklasse des GTS deutlich.
Der Porsche beschleunigt aus dem Stand auf 100 km/h ganze 0,9 s und auf 200 km/h 2,0 s schneller. Während der BMW bei 305 km/h abgeregelt wird, lief der Porsche-Testwagen 330 km/h. Ganz offensichtlich hat Porsche den eigenen Pressewagen sehr gründlich für den Test vorbereitet, denn der Wagen beschleunigt trotz schwereren Gewichts als ab Werk angegeben erheblich schneller und fährt bei der Höchstgeschwindigkeit sagenhafte 20 km/h mehr. Der BMW liegt beim Standardsprint auf 100 km/h etwas langsamer als erwartet. In Zahlen liest sich das so:
BMW M3 GTS E92
Leergewicht Werk: 1.530 kg
Leergewicht Auto Bild: 1.538 kg
Beschleunigung 0-100 km/h Werk: 4,4 s
Beschleunigung 0-100 km/h Autobild: 4,6 s
Vmax Werk: 305 km/h
Vmax Auto Bild: 305 km/h
Porsche 911 GT3 RS
Leergewicht Werk: 1.370 kg
Leergewicht Auto Bild: 1.400 kg
Beschleunigung 0-100 km/h Werk: 4,0 s
Beschleunigung 0-100 km/h Autobild: 3,7 s
Vmax Werk: 310 km/h
Vmax Auto Bild: 330 km/h
Mangelnde Kraft kann der Testberichtautor Maltzan dem GTS beileibe aber nicht vorwerfen, eher die etwas eingeschränkte Traktion.
Wirkt bereits der normale M3 stellenweise übermotorisiert, hat sich diese Tendenz weiter verstärkt. Beim Beschleunigen aus Kurven kriegt er seine Kraft nur mühsam auf den Boden. Schwänzelnd schießt er auf die Geraden und setzt seine 450 PS weniger effektiv in Vortrieb um, als das der Porsche kann.
Das Gewicht des Motors im Heck beim Porsche verbessert neben der voluminösen Heckbereifung die Traktion naturgemäß. Im direkten Vergleich soll der GTS auf der AUTO BILD-Handlingsstrecke ganze 2 s langsamer sein als der GT3 RS. Es wird allerdings weder geschrieben, wie lang der GTS nun gebraucht hat oder wie viele Meter die Streckenlänge betrug, noch wie viele Kurven oder welches Durchschnittstempo der Track aufweist. Diese 2-Sekunden-Angabe wirft einige Fragen auf, die im Test leider nicht beantwortet wurden.
Es ist für den interessieren Autofan auch ein wenig schade, dass die Auto Bild in dem fünfseitigen Test nicht auf die extrem guten, deutlich über den Werksangaben liegenden Fahrleistungen des 911 eingeht. Oder beleuchtet, dass es BMW wie schon seit jeher geschafft hat, mit einem Limousinen-Emporkömmling die Sportwagenelite aufzumischen. Der Porsche ist im direkten Vergleich als Rennwagenversion eines Sportwagens aber noch sportlicher aufgestellt: Der Motor hat eine Trockensumpfschmierung, das Gewicht ist geringer, der Einsatz von Dämmmaterial kaum vorhanden, die Traktion bei der Längs- und Querbeschleunigung durch die Hinterradwalzen, die Dynamische Motorlagerung und nicht zuletzt den Heckmotor noch besser als beim BMW. Das lässt sich Porsche auch bezahlen, denn der GT3 RS ist bei gleicher Ausstattung etwa 11% teuer, aber nicht ganz so exklusiv. Wir sind auf die nächsten Testberichte und -ergebnisse gespannt und werden natürlich wieder berichten und analysieren.
Den kompletten Vergleichstest der Auto Bild könnt ihr hier nachlesen.