Das Geländewagen von BMW nicht mit Geländewagen anderer Hersteller vergleichbar sind, weiß mittlerweile jeder Autofan – Trotz der erhöhten Sitzposition und des kräftigeren Auftritts sind die in München SAV genannten Fahrzeuge eher auf dem Asphalt als auf der Buckelpiste beheimatet. Aber fällt der BMW X1 überhaupt in die Kategorie Geländewagen? Handelt es sich nicht viel eher um ein Lifestyle-Produkt, das nur formal das X im Namen trägt und sich ansonsten als praktische Alternative zum normalen BMW 1er darstellt?
Die Einteilung überlassen wir jedem selbst, aber bereits nach wenigen Metern im BMW X1 xDrive28i kann man feststellen, dass sich auch dieses Sports Activity Vehicle auf Asphalt am Wohlsten fühlt. Die Federung erinnert eher an einen sportlich abgestimmten 3er als an einen Offroader, aber genau das zeichnet die X-Modelle von BMW seit jeher aus. Wer möchte, kann mit dem X1 dank der optionalen Performance Control sehr sportlich unterwegs sein und sich dem Gedanken hingeben, dass er praktisch mit der nur marginal unsportlicheren Allrad-Variante des BMW 130i unterwegs ist.
Neben dem höheren Schwerpunkt trägt vor allem die serienmäßige Sechsgang-Automatik zu einem Minus an Fahrspaß gegenüber dem 130i bei. Auch wenn die Automatik dank der Schaltpaddels am Lenkrad jederzeit beeinflusst werden kann, ist sie unserer Meinung nach nicht geeignet, Fans des manuellen Gangwechsels von ihrem Glauben abzubringen. Anders sieht es da mit der Achtgang-Automatik aus den größeren Modellen aus, aber dieses Sahnestück ist im BMW X1 nicht verfügbar.
Die verbaute Variante mit sechs Schaltstufen versucht, sich den Wünschen des Fahrers anzupassen und kann somit sowohl zum dynamischen als auch zum effizienten Fahren erzogen werden. In der Praxis erweist es sich als sinnvoll, gelegentlich manuell den höheren Gang zu wählen und der Automatik so das beim sportlichen Fahren antrainierte hochtourige Dahinrollen wieder abzugewöhnen – Für Überholmanöver oder zum spontanen Spurt am Ortsausgang kann man ja mit einem Fingerzeig in den optimalen Gang wechseln.
Tut man dies und bewegt den Reihensechszylinder unter der Haube mit Drehzahlen oberhalb von 3.000 Umdrehungen, wird man mit kraftvoller Beschleunigung ohne Verzögerung belohnt. Dem Saugmotor ist ein Turboloch naturgemäß fremd und wenn man die Automatik im Vorfeld der Beschleunigung in den richtigen Gang gebracht hat, gibt es auch hier keine Verzögerung. Lässt man die Automatik allerdings alleine arbeiten, muss man sich in der Regel mit einer Gedenksekunde abfinden, bevor der richtige Gang eingelegt ist und die 258 Pferde losstürmen dürfen.
Auf der Autobahn klettert die Tachonadel mühelos über die 200er-Marke hinweg, auf den Verbrauch sollte man dann aber lieber nicht mehr achten. Insgesamt bewegten wir den X1 mit einem durchschnittlichen Verbrauch von knapp über 12 Litern, allerdings waren wir auch alles andere als sparsam unterwegs. Im Alltag dürften je nach Fahrprofil Verbräuche um die 11 Liter realistisch sein, innerorts kann man diesen Wert aber problemlos erhöhen. Unserer Meinung nach passt ein starker Diesel wie im BMW X1 xDrive23d besser zum Charakter eines Geländewagens, aber in Sachen Sound und Kraftentfaltung macht dem großen Benziner natürlich kein Diesel etwas vor.
Beim Fahrverhalten bleibt die Kritik also im Wesentlichen an der Sechsgang-Automatik hängen, denn abgesehen von diesem Stück Technik gibt es wenig negatives zu berichten. Im Vergleich mit Wettbewerbern wie dem VW Tiguan platziert sich der X1 BMW-typisch als sportliche Alternative. Dank der hecklastigen Auslegung des Allradantriebs ist dem X1 Untersteuern weitestgehend fremd.
Ist man doch zu schnell in eine Kurve gefahren, lässt sich die Neutralität des Fahrzeugs mit Hilfe der optionalen Performance Control schnell wiederherstellen. Je nach Fahrsituation wird hier das kurveninnere Hinterrad leicht abgebremst, wodurch ein zusätzliches Einlenkmoment erzeugt und der X1 noch agiler wird. In Kombination mit dem variabel arbeitenden Allradantrieb xDrive besitzt der X1 einen derart hohen Level an Traktion, dass es schon grober Fehlbedienung bedarf, um ihn aus der Ruhe zu bringen. Sein Gewicht von knapp 1,7 Tonnen merkt man dem X1 praktisch nur in sehr engen Kurven an, ansonsten kann die ausgereifte Technik diesen Makel gut kaschieren.
Die üblichen Technik-Spielereien von Geländewagen sucht man im BMW X1 vergebens – man dürfte allerdings auch zu einer überschaubaren Minderheit gehören, wenn man sie im BMW X1 tatsächlich suchen sollte. Abgesehen von einer Bergabfahrhilfe (Hill Descent Control) deutet nichts auf einen Geländewagen hin. Damit bleibt BMW den Charakteristika seiner X-Modelle treu, denn diese haben sich nie durch überragende Gelände-Eigenschaften ausgezeichnet und ihre Konkurrenten stattdessen auf dem Asphalt distanziert. Da die übliche Umgebung der allermeisten SUV heute ohnehin eher der Großstadtdschungel als die Kiesgrube ist, spart BMW hier ohne Zweifel an der richtigen Stelle, was nicht zuletzt die Verkaufszahlen belegen.
Weniger rühmlich als bei den Fahrleistungen geht es allerdings im Innenraum zu. Zwar sind alle häufig berührten Elemente wie Lenkrad, Schalter und Knöpfe in angenehmer haptischer Qualität ausgeführt, die ausgetretenen Pfade sollte man aber lieber nicht verlassen. Praktisch allen Kunststoff-Teilen, die man im automobilen Alltag nicht berührt, kann man den Rotstift förmlich ansehen. Wie schlimm die wenig schmeichelnde Haptik an kaum berührten Stellen tatsächlich ist, muss jeder mit sich selbst ausmachen, Wohlfühl-Punkte kann man so aber eher nicht sammeln.
Das ist schade, denn abgesehen von der Materialauswahl kann der Innenraum des X1 durchaus überzeugen. Die Sportsitze passen perfekt, die Position des Lenkrads lässt sich auf vielfältige Weise an den Fahrerwunsch anpassen und die Bedienung des umfangreichen Infotainment-Angebots fällt mit Hilfe der aktuellen iDrive-Generation ebenfalls leicht. Alle Schalter sind gut zu erreichen und dort, wo man sie als BMW-Fahrer intuitiv erwartet. Auf dem hochauflösenden Display im 8,8 Zoll-Format lässt sich neben dem Navigationssystem, dem Internet oder der Musiksammlung auch das überaus nützliche Bild der Rückfahrkamera anzeigen. Da der X1 nicht besonders übersichtlich ist, kann sich diese Sonderausstattung schnell bezahlt machen. Wie gewohnt wird mit roten Linien der maximale Lenkeinschlag dargestellt, während grüne Linien den aktuellen Kurs anzeigen.
Außerdem überzeugt das Interieur mit einer ganzen Reihe cleverer Lösungen, die das Verstauen von großen und kleinen Gegenständen erleichtern. In den Türen befinden sich Fächer, die alle üblichen Flaschengrößen aufnehmen können. In den seitlichen Fächern der Türen befinden sich zudem elastische Bänder, hinter denen sich auch kleinere Dinge sicher unterbringen lassen. Dank der in der Neigung verstellbaren Rückenlehne lässt sich zusätzlicher Platz im Kofferraum schaffen, was anhand unserer Bilder mit zwei Kästen Minderalwasser gut ersichtlich sein sollte.
Fazit
Unterm Strich konnte uns der BMW X1 xDrive28i durchaus überzeugen: Er bietet ausreichend Platz, eine für seine Fahrzeugklasse hervorragende Fahrdynamik und einen mit Blick auf die überzeugenden Fahrleistungen angemessenen Verbrauch. Große Kompromisse beim Komfort muss man nicht eingehen, aber zumindest im Fall des großen Benziners sollte man sich auch im Klaren darüber sein, dass man es nicht mit einem Sparmodell zu tun hat.
Mit dem einen oder anderen Kreuz auf der Sonderausstattungsliste übersteigt der BMW X1 xDrive28i spielend die 50.000€-Marke und kann dem Anspruch, den ein solcher Preis auslöst, im Innenraum nicht überall gerecht werden. Absolutes Sahnestück ist BMW-typisch der Antriebsstrang, der mit bäriger Kraftentfaltung und verzögerungsfreiem Ansprechen überzeugt – wenn die Automatik sich bereits im richtigen Gang befindet.
Wenn man es sich leisten kann und derzeit auf der Suche nach einem kleinen Soft-Offroader ist, sollte man den BMW X1 auf jeden Fall testen – mehr Fahrdynamik oder ein vergleichbar umfangreiches Infotainment-Angebot sucht man in dieser Klasse andernorts vergebens. Mit seinen vor allem im Alltag praktischen Lösungen im Innenraum sammelt der X1 außerdem Sympathie-Punkte, die den Besitzer über kleinere Schwachpunkte hinwegsehen lassen können.