Was vor nunmehr 3 Jahren geschah:
Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass BMW – was ein Paukenschlag sowie eine Ohrfeige sondersgleichen für die gesamte Konkurrenz war – mit der massiven Verbrauchssenkung quer-Beet von durchschnittlich 20 % bei den 4-Zylinder-Modellen der 1er-Reihe (im Februar 2007) sowie dann (ab Sommer 2007) auch in der 3er-Reihe (und dies in bestehenden Baureihen!) für Jahre „vorgelegt“ hatte, und zwar bei den Benzin- wie auch den Diesel-Modellen.
Weiter folgte dann auch die breite Einführung der Magermotoren-Direkteinspritztechnik auch bei den 6-Zylinder-Benzin-Modellen in der 3er- und 5er-Reihe. Lediglich Start-Stop blieb dort bis heute bei den 6-Zylindern außen vor.
Auch vor massiven Eingriffen machte BMW nicht halt, beispielsweise bei der volumenstarken Einführung der Elektrolenkung – derartige Dinge werden üblicherweise bei einer bereits bestehenden Baureihe schlichtweg nicht in Angriff genommen.
Die dramatisch verbesserten CO2-Emissionwerte – bei BMW und Mini – sprechen eine deutliche Sprache. Und sie waren und sind Vorbild für die gesamte Branche, ausdrücklich auch der Kleinwagen- und Massenhersteller. Im Übrigen mag man zu der CO2-Hysterie stehen wie man will, es gibt jedoch klare Vorgaben der Politik, an die sich die Hersteller schlichtweg zu halten haben, auch wenn diese teilweise – auch umweltpolitisch gesehen, z.B. in Kalifornien – zweifelhaft sind.
Jede Diskussion über die Sinnhaftigkeit erübrigt sich also – als sinnvoller Maßstab für den Energieverbrauch dient die CO2-Angabe aber allemal, da so auch unterschiedliche Antriebsarten leichter zu vergleichen sind. Dies gilt jedenfalls solange, wie auch der Verbrauch künftiger E-Autos auf Basis des tatsächlich europaweit vorhandenen Kraftwerksmix ermittelt wird (und sofern nicht bei künftigen Plug-in-Hybriden derart massiv „geschummelt“ wird, bis z.B. bei einem S-Klasse-Prototyp rechnerisch Werte um 50 g CO2/km „herauskommen“).
Soviel zur Ausgangslage.
Die Konkurrenz zieht jetzt erst nach.
Als Beispiel sei genannt: Mercedes hat erst jetzt, bei der noch jungen C-Klasse, erstmals vereinzelt 4-Zylinder-Modelle mit Start-Stop-Automatik (C 220 CDI Handschalter) bei einem Volumenmodell angekündigt – und kommt so, zusammen mit einer extrem drehzahlsenkenden Auslegung, nun auf deutlich verbesserte CO2-Werte von 117 g/km (z. Vgl.: BMW 320d EfficientDynamics Edition: 109 g/km).
Dabei hatte gerade Mercedes mit der zyklusbedingt späteren Einführung der C-Klasse eigentlich die besseren Startbedingungen für die Einführung neuer Techniken – dank Neukonstruktion – gehabt als BMW mit seinen inzwischen eher am Ende des Produktlebenszyklus ankommenden 3er und 1er-Baureihen.
Auch wenn es „höchste Eisenbahn“ war, so habe ich dennoch ein Lob dafür übrig, dass Mercedes nun „alle Register zieht“, denn die Untätigkeit von so manchem Automobilhersteller hat der gesamten Branche überhaupt erst derart negative Presse gebracht.
Und dies gilt auch für die neuen V8-Benzin-Turbo-Motoren von Mercedes: Ab Herbst im CL und ab Frühjahr 2011 in der S-Klasse. Auch wenn diese naturgemäß – wie jetzt im CL – zunächst nur als V8 und nur in Kleinst-Stückzahlen kommen (wie immer bei Mercedes, wenn völlige Neukonstruktionen kommen, dies war auch z.B. vor über 30 Jahren beim 450 SLC 5.0 oder vor über 40 Jahren beim 280 SE 3.5 so), so ist dies dennoch ein Meilenstein.
Beide Motoren weisen hohe Verdichtungsverhältnisse von 12,2 : 1 bzw. 10,5 : 1 (Turbo) auf. (740i: 10,2 : 1 / 750 i: 10,0 : 1 / alle Magerbetrieb-Direkteinspritzmotoren bei BMW: 12,0 : 1). So werden für den Mercedes CL 500 (4.7 turbo) nun sehr gute 224 g CO2/km angekündigt. Zum Vergleich: BMW 750 i (4.4 turbo): derzeit noch 266 g CO2/km. Allerdings sind beim 7er noch nicht alle Register gezogen: 8-Gang-Automatic, Start-Stop, Valvetronic (wie sie bereits im 535i, nicht jedoch im 740i verbaut ist) und die rein-elektrische Lenkung der 5er-Limousine werden noch kommen.
Mercedes legt also derzeit vor, mit 435 PS / 700 Nm und 224 g CO2/km. Rund 16 % Verbrauchssenkung sind also das erklärte Ziel bei BMW, um wenigstens gleichziehen zu können – und mehr ist schon gar nicht drin, schließlich hat der 7er etwas mehr Gewicht mit sich herumzuschleppen als die S-Klasse – und die bis zu 200 kg Gewichtsvorteil gar des neuen Audi A8 werden bei diesem wiederum schon einmal grundsätzlich einen Verbrauchsvorteil von 0,4 – 0,6 l in der Praxis belassen. Auch der BMW ActiveHybrid 7 (bereits mit der 8-Gang-Automatic sowie Start-Stop) und mit 449 PS / 650 Nm (Verbrennungsmotor) bzw. 465 PS / 700 Nm (Systemleistung) und 219 g CO2/km wird es also künftig schwer haben, jedenfalls in der jetzigen – gut ausgestatteten und teuren – Variante.
Aber auch der Mercedes S 400 Hybrid hat in der jetzigen Form, bereits nach nur einem ¾ Jahr am Markt, schon seinen neuen Meister gefunden: im künftigen neuen Mercedes S 350. Denn hier sind – mit nur 6 Zylindern, ohne Turbo-Technik – dafür aber mit Magermotor-Konzept – sogar nochmals deutlich verbesserte Werte drin: mit 306 PS / 370 Nm und 177 g CO2/km und damit deutlich vor dem bisherigen S 400 Hybrid mit 299 PS / 385 Nm und 186-189 g CO2/km (und nochmals deutlich vor den jetzigen S 350 CDI mit z.Zt. noch 235 PS und 199-201 g CO2/km / dieser wird allerdings derzeit überarbeitet). Somit liegt er bemerkenswerterweise exakt auf dem Niveau des neuen BMW 5er (523i 3.0) – welcher über vergleichbare Technik verfügt, jedoch noch ohne Start-Stop.
Künftige Vollhybrid-Modelle BMW 745i und 755i?
Man wird abwarten müssen, wann Mercedes bei der S-Klasse den Schritt geht, ausschließlich nur noch Hybrid-Modelle anzubieten. Und dieser Schritt kommt. Jedoch spätestens dann ist auch davon auszugehen, dass BMW zwei auch in den Modellbezeichnungen völlig „reguläre“ Modelle, nämlich einen BMW 745i (6 Zyl.) sowie einen BMW 755i (= bereits hierfür gesicherte Modellbezeichnung) – und zwar als Vollhybrid – im Programm haben wird. Unabhängig von Entscheidungen bei Mercedes ist damit jedoch spätestens in 1 ½ bis 2 Jahren zu rechnen.
Übrigens: Mercedes hat (in den USA) schon länger– die Modellbezeichnung „S 550“ – statt S 500 bei uns – in Verwendung.
Der ´Grenznutzen´ des Mehrpreises eines Mild- bzw. Vollhybrid-Antriebs schrumpft allerdings beträchtlich.
So bringt die 8-Stufen-Automatic zusammen mit Start-Stop bereits den Löwenanteil des Einsparpotentials – an den Investitionskosten gemessen auf jeden Fall. Dies ist bekannt – weshalb die seit über 3 Jahren bei BMW eingeführte Strategie „best of hybrid“ im Rahmen von „EfficientDynamics“ völlig richtig war.
Fluch (für den Hybrid) und Segen (für alle anderen Modelle) der 8-G-Automatic mit Start-Stop liegen also eng beieinander. Bekanntermaßen wird der neue X3 mit der internen Bezeichnung F25 ab Jahresende die erste BMW-Baureihe sein, die beides auf breiter Front erhält. Der 7er wird dann gleich zum Jahresanfang 2011 nachziehen. Zu diesem Zeitpunkt ist der 4.4i-Turbo-Motor dann gut 2 ½ Jahre (im X6) auf dem Markt – und im neuen 7er gut 2 Jahre – Zeit für die o.g. Verbesserungen, und wie immer bei BMW, nach 2 Jahren Bauzeit exakt im üblichen Zeitplan liegend.
Ist dann auch die Zeit reif für die Modelle 728i und 735i – und 728d? Mit 258 PS und 306 PS – bzw. 204 PS? Das hängt auch von der Konkurrenz ab. So plant Audi mit zahlreichen weiteren Modellvarianten des A8 auch stückzahlenmäßig einen Großangriff und wird möglicherweise so vorübergehend in Deutschland Marktführer in der Luxusklasse. So kommen – neben dem 6.3-Liter-12-Zyl. (ohne Aufladung) – schon im Herbst 2010 auch preisattraktivere Varianten (3.0 / 272 PS) und der bereits bekannte 3.0-Kompressor-Motor mit 333 PS als Benziner, also nicht zwangskombiniert als Hybrid.
Außerdem wird der schon länger angekündigte, gedrosselte 3.0-TDI mit 204 PS erscheinen. Es ist also keineswegs nur wichtig, was BMW macht. Sondern vor allem, was die Konkurrenz macht.
Und: der Benzinmotor erlebt eine Renaissance.
Bereits der neue Benziner Mercedes S 350 mit (derzeit) 11 % CO2-Vorsprung !! ggü. dem jetzigen Diesel (mal sehen, was die neue 265-PS-Version des künftigen S 350 CDI bringt) zeigt dies. Dazu kommt, dass das Einhalten der Euro-6-Abgasnorm beim Diesel zumindest bei sehr schweren Fahrzeugen wie dem Q7 deutliche Verbrauchserhöhungen mit sich bringt, auch wenn BMW dies beim X5 xDrive30d in der EU-6-Version noch ohne Verbrauchserhöhung gelungen ist.
Ob der von Audi zumindest projektierte Weg (eines A 8 2.0 TFSI mit 211 PS) eines 4-Zylinder-Benziners in der Luxusklasse der erfolgversprechende Weg ist, darf allerdings stark bezweifelt werden: bekanntermaßen muss „der Motor zum Auto passen“ (O-Ton Audi) und selbst „eine E-Klasse beginnt erst richtig mit 6 Zylindern und mit 7-G-Automatic“ (O-Ton ams). Der bei Mercedes angekündigte S 250 CDI mit 4 Zylinder-Diesel-Motor dürfte jedenfalls ebenfalls eher ein Nischenprodukt bleiben – außer in Behördenfuhrparks. Das gilt auch für einen vergleichsweise angedachten BMW 723d. Der Grund ist die auf der Behörden-Beschaffungsseite verordnete 140 g CO2-Grenze, welche bisher der neue BMW 520d Aut. als einziges Automatic-Fahrzeug in Deutschland – und zwar mit Abstand – einhält.
Um ans untere Ende der Modellpalette zu kommen: Dennoch hat BMW bzw. Mini auch bei den kleinen aufgeladenen 4-Zylinder-Motoren technologisch klar die Nase vorn – ausdrücklich auch vor VW-Audi. Das belegen die Verbrauchswerte gerade der neuen 184-PS-Versionen des Mini, selbst der schwereren Mini-Varianten. Diese liegen mit 139 g CO2/km nochmals volle 5 g unter den besten und neuesten vergleichbaren VAG-Motor-Varianten.
Selbst diese, wie z.B. im nagelneuen VW Polo GTI mit 180 PS (dieser neue, doppelt aufgeladene 1.4-l-Motor kommt auch im Audi A1 sowie im Skoda Fabia RS), schafft die 139 g der Mini-Modelle nur zusammen mit dem grundsätzlich nochmals sparsamer agierenden DSG-Getriebe. Dies zeigt aber auch auf , was bei Mini im Angebot noch fehlen könnte: ein kleines, ´trockenes´ Doppelkupplungsgetriebe, wie es bei Peugeot und Ford teilweise schon verfügbar ist.
Wo liegen die Potentiale der näheren Zukunft?
- Drehzahlsenkung durch vermehrten Einsatz von automatisierten Getrieben mit vielen Schaltstufen, gerade bei aufgeladenen Motoren eine Notwendigkeit (vgl. neuer VW 1.2 TSI)
- Nutzung der nicht genutzten Energieströme der Verlust-Energien als „Energiequellen“, so z.B. die in spätestens 2 – 3 Jahren bei BMW in Serie gehende Nutzung der Wärme der Abgasanlage zur Stromgewinnung
- Verbesserte Umwelt-Erkennung, neben Geschwindigkeits-Begrenzungen z.B. auch Kreisverkehre – diese machen z.B. spezielle Strategien notwendig
Hybridtechnik:
- Einbindung des Navigationssystems in Sachen Topologie
- Erweiterte Lernfähigkeit des Navis darüber hinaus in Verbindung mit den ganz fahrzeugspezifisch feststellbaren, häufig bzw. immer wiederkehrenden Routen bzw. Abstellplätzen und Auswertung bzw. Einbindung von immer wiederkehrenden, gehäuften Verzögerungsvorgängen an denselben geografischen Stellen
- Verstärkte Nutzung des „Segelns“, also des Motorabschaltens auch bei schnellerer Fahrt bzw. auch schon beim Ausrollen (auch bei Fzg. ohne Hybrid-Technik, ebenfalls unter Einbindung des Navis)
Diesel:
- nochmals erhöhte Einspritzdrücke und damit weiter verbesserte Abgase ohne aufwendige Nachbehandlung
- bei Basismotoren: ggf. Vereinfachung durch 2V-Technik, Leistungs- bzw. Drehzahlbereich-Einschränkung, ohne AGR – dafür mit Hybrid-Technik (längerfristig / und wohl eher nicht bei BMW)
Fazit:
BMW hatte einen großen zeitlichen Vorsprung (nach 2 Jahren stehen i.d.R. neue Techniken auch anderen voll zur Verfügung) und hat immer noch den Vorteil, dass der Anpassungs- und Integrationsaufwand hier bei der Konkurrenz nicht unerheblich ist. Obwohl BMW derzeit „nur“ rund ¾ des Entwicklungsbudgets von Mercedes aufwendet, so bleibt doch der Vorteil bestehen, dass BMW für mittelfristige Entwicklungen vergleichsweise mehr Mittel zur Verfügung haben wird, da BMW für kurzfristige Entwicklungen bereits in den vergangenen Jahren kräftig in Vorlage getreten ist.
Die Zeiten werden also härter. Man kann dennoch nur hoffen, dass die deutschen Premium-Hersteller sich gegenseitig von dem Zwang zu einer „GM-isierung“ verschonen. Dies würde für den einzelnen vielleicht mittelfristig von Vorteil sein, aber langfristig gesehen dürfte dies die dort schon gesehenen Probleme bringen.
Die Entscheidung von BMW – ohne Kooperation – dauerhaft eine eigene Frontantriebsplattform (für die nächste Mini-Generation) auf den Markt zu bringen – verbunden mit einer Erweiterung der BMW-Modellpalette – sehe ich jedenfalls als völlig richtig an. BMW ist jedenfalls den Schritt des VW-Konzerns sowie eine solche, neuerdings in Teilen auch bei Mercedes / Renault zu sehende Kooperation gerade nicht gegangen.
Die – in Unkenntnis der vorzeigbaren technischen Fakten – gelegentlich kritisierte Verwendung von Motoren aus der Kooperation mit Peugeot für den Mini II überrascht hingegen. Dem Mini I hatte ja bekanntermaßen noch nicht einmal der damalige Einsatz von zugekauften (Daimler-)Chrysler-!-Motoren (aus dem PT Cruiser) geschadet.