Selten hat ein verhältnismäßig serienfernes Concept Car vor seiner Premiere für so viel Wirbel gesorgt wie das diesjährige BMW Vision EfficientDynamics Concept für die Internationale Automobil Ausstellung. Wenn man sich die nun veröffentlichten Zahlen und Daten anguckt, sieht man, dass das nicht umsonst so war.
Auch wenn das Design wohl nur in Form einiger Elemente an Serienfahrzeugen zu finden sein wird, soll die Technik durchaus verfügbar sein und schon in der näheren Zukunft – das heißt vermutlich zwischen 2012 und 2015 – auch tatsächlich zum Einsatz kommen.
Wer jetzt noch nicht sitzt, sollte das vielleicht lieber ändern. Denn wie sich BMW die Zukunft des Sportwagens vorstellt, erfordert schon etwas Gewöhnung. Unter der Haube arbeitet nämlich ein Dreizylinder-Motor mit nur 1,5 Liter Hubraum. Und als ob das nicht überraschend genug wäre, handelt es sich auch noch um einen Selbstzünder.
Wenn man diesen Schock verdaut hat, sieht man aber recht schnell, dass die resultierenden Daten kaum mit einem anderen Wort als beeindruckend beschrieben werden können. Der Dreizylinder-Diesel erhält Untersützung von zwei Elektromotoren, die das Fahrzeug zum Vollhybriden machen. Die maximale Gesamtleistung gibt BMW mit 356 PS an, das maximale Drehmoment beträgt 800 Newtonmeter.
Der 2+2-Sitzer bringt es auf ein Gewicht von knapp unter 1.400 Kilogramm und bietet unterm Strich die Performance von Fahrzeugen der M GmbH, kombiniert diese aber mit einem Verbrauch, den selbst sparsame Kleinwagen nicht erreichen und der auch noch unter dem des BMW 320d Efficient Dynamics Edition liegt.
Trotz einem mit 99 Gramm pro Kilometer besonders niedrigem CO2-Ausstoß und einem Verbrauch von nur 3,76 Litern auf 100 Kilometer sprechen die Fahrleistungen für sich. Für den Sprint auf 100 km/h benötigt das Fahrzeug nur 4,8 Sekunden – das ist das Niveau eines Porsche 911 Carrera oder eines BMW M3! – und die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 250 km/h begrenzt, ansonsten ginge durchaus noch mehr.
Dafür ist natürlich auch die hervorragende Aerodynamik verantwortlich, die wohl so im Serienbau nicht umsetzbar ist. Der cW-Wert des kleinen Sportlers beträgt faszinierend niedrige 0,22 und unterstreicht eindrucksvoll, wozu die BMW-Aerodynamiker im AVZ in der Lage sind, wenn sie freie Hand haben.
Der Wert für den CO2-Ausstoß gilt übrigens für das Fahrzeug mit arbeitendem Verbrennungsmotor. Wenn sich das Fahrzeug im Vollhybrid-Modus befindet, beträgt der CO2-Ausstoß nach der gültigen EU-Formel zur Berechnung der Emissionen von Elektrofahrzeugen – hierbei fließen die Emissionen zur Gewinnung der elektrischen Energie mit ein – nur noch 50 Gramm pro Kilometer und ist spätestens damit als sensationell niedrig zu bezeichnen.
Eine weitere Überraschung ist sicherlich der Allradantrieb. Dieser resultiert aus der Anordnung der Elektromotoren, denn jeder der beiden Motoren ist für eine der beiden Achsen zuständig. Der für die Hinterachse zuständige Motor leistet normalerweise 33 PS, im Bedarfsfall können für kurze Zeit aber auch 52 PS abgerufen werden. Der Motor unterstützt entweder den Dieselmotor oder arbeitet im Vollhybrid-Modus völlig eigenständig.
Ähnlich wie im MINI E arbeitet der Motor außerdem als Generator, wenn er nicht zum Beschleunigen eingesetzt wird. Damit werden die Lithium-Ionen-Batterien während der Fahrt wieder geladen.
Der zweite Elektromotor befindet sich an der Vorderachse und leistet normalerweise 80 PS. Wenn der Fahrer die volle Leistung abruft, erhöht sich dieser Wert für bis zu 30 Sekunden auf 112 PS, für zehn Sekunden sind sogar bis zu 140 PS möglich. Die Kraft dieses Motors wird mit einem zweistufigen Ein-Gang-Reduktionsgetriebe auf die Vorderräder geleitet.
Der Dieselmotor an sich ist ebenfalls ein beeindruckendes Stück Technik, denn der von einem Turbolader unterstützte Dreizylinder leistet bereits 163 PS und stellt ein maximales Drehmoment von 290 Newtonmeter bereit. Wir können davon ausgehen, dass wir Motoren mit ganz ähnlichen Eckdaten demnächst auch in Serienfahrzeugen von BMW sehen werden, spätestens wohl im 2011 erscheinenden BMW 1er F20.
Die Literleistung von deutlich über 100 PS pro Liter ist auch für Dieselmotoren außergewöhnlich und setzt ein weiteres Ausrufezeichen. Die Kraft des kleinen Dieselmotors wird mittels eines Doppelkupplungsgetriebes an die Hinterachse geleitet. Das im Concept Car verbaute DKG verfügt über sechs Gänge und wurde speziell auf maximale Effizienz ausgelegt.
Das BMW Vision EfficientDynamics Concept Car kann die drei Motoren auf jede denkbar Art miteinander kombinieren. Sowohl ein rein-elektrischer Betrieb als auch ein reiner Diesel-Betrieb sind möglich. Dazu kommt natürlich der eigentliche Normalfall, dann arbeiten sowohl die Elektromotoren als auch der Dieselmotor als Hybrid zusammen.
Die Batterien sind in der Mitte des Fahrzeugs, also zwischen Fahrer- und Beifahrerseite, untergebracht und erstrecken sich fast über die gesamte Länge des Fahrzeugs. Insgesamt sind 98 Zellen mit einer konstanten Stromstärke von jeweils 600 Ampere verbaut, für einen Zeitraum von 30 Sekunden kann jede der 98 Zellen aber auch bis zu 1200 Ampere bereitstellen. Die Gesamtspeicherkapazität beläuft sich auf 10,8 Kilowattstunden.
Beeindruckend ist weiterhin, dass das komplette Batterie-Paket nur rund 85 Kilogramm wiegt und das Fahrzeuggewicht damit nur in geringem Maße belastet. Auch in Sachen Kühlung konnten Fortschritte erzielt werden, denn trotz seiner hohen Leistungsfähigkeit kommt das Batterie-Paket ohne aktive Kühlung aus.
Auch die Ladezeit überzeugt, denn selbst wenn die Batterie “nur” an eine ganz normale Steckdose angeschlossen ist, dauert ein kompletter Ladevorgang nur 2,5 Stunden. Wenn eine stärkere Stromquelle zur Verfügung steht (32 Ampere), dauert der Ladevorgang weniger als 45 Minuten.
Neben den Batterien gibt es natürlich auch noch einen konventionellen Tank für den Diesel-Treibstoff. Dieser ist im Heck untergebracht und kann maximal 25 Liter Kraftstoff aufnehmen. Insgesamt ergibt sich damit eine mehr als akzeptable Reichweite von fast 700 Kilometern.
Anders als bei vielen anderen Concept Cars überzeugt hier aber nicht nur die Technik unter der Außenhülle, sondern auch diese selbst. Trotz einer Höhe von nur 1,24 Metern bietet der 2+2-Sitzer die Silhouette eines Gran Turismo. Das flache Front-Design wurde durch das Unterbringen des Motors im Heck ermöglicht.
Die Luftöffnungen werden wie bei einigen Serienfahrzeugen von BMW bedarfsgerecht gesteuert und nur dann geöffnet, wenn tatsächlich Kühlluft-Bedarf existiert. Dadurch wird die Aerodynamik in vielen Fahrsituationen begünstigt, denn dieser Bedarf besteht verhältnismäßig selten. Außerdem erreichen Motor und andere Komponenten so schneller ihre Betriebstemperatur, wodurch die für den Verbrauch suboptimale Warmlaufphase minimiert wird.
Auch ganz normale Bauteile wie die A-Säulen und die Rückleuchten weisen eine aerodynamisch optimierte Form auf und tragen zum Gesamt-Kunstwerk bei. Der vollständig verkleidete Unterboden trägt ebenfalls dazu bei, sämtliche Luftverwirbelungen am Fahrzeug so kontrolliert wie möglich zu gestalten.
Ein weiteres Beispiel für gewollte Verwirbelungen bietet auch der sogenannte Air Curtain. Dieser “Luft-Vorhang” wird durch absichtlich kanalisierte und beschleunigte Luftströmungen realisiert und minimiert die an unverkleideten Rädern normalerweise auftretenden Verwirbelungen.
Ungewöhnlich für einen Sportwagen ist neben der Motorisierung auch die Wahl von Reifen und Rädern. Das BMW Vision EfficientDynamics Concept steht auf relativ schmalen Reifen in der Dimension 195/55, diese sind aber auf 21 Zoll große und ebenfalls aerodynamisch optimierte Felgen montiert.
Während Chassis und Aufhängungen überwiegend aus Aluminium gefertigt sind, bestehen große Teile der Karosserie aus einem speziellen glasartigen Poly-Carbonat, das sich bei Lichteinstrahlung selbständig verdunkelt.
Die Abmessungen des Fahrzeugs bewegen sich auf dem Niveau des BMW 3er: Die Fahrzeuglänge beträgt 3,60 Meter und das Auto ist 1,90 Meter breit. In Kombination mit der schon erwähnten Fahrzeughöhe von nur 1,24 Meter ergibt sich ein sportlich-stämmiger Auftritt, den alle Besucher der IAA live erleben können.
In Anbetracht der Abmessungen und der Elektro-Technik an Bord ist das Fahrzeuggewicht von nur 1.395 Kilogramm durchaus erfreulich und auch das Gewicht trägt natürlich seinen Teil zum niedrigen Verbrauch bei. Das Leistungsgewicht ist allen anderen Hybridfahrzeugen deutlich überlegen, dazu punktet das Concept Car mit einem besonders niedrigen Schwerpunkt.
Mit einer maximalen Zuladung von 445 Kilogramm bietet das Concept Car zudem eine durchaus gute Alltagstauglichkeit. Das Kofferraumvolumen ist ausreichend für den Transport von zwei Golfbags und sollte somit auch für normale Einkäufe völlig ausreichend dimensioniert sein.
Das Thema Gewichtsreduktion hat auch beim Interieur-Design eine zentrale Rolle gespielt. So sind beispielsweise die Sitzschalen aus Kevlar gefertigt und bieten eine besonders gute Kombination aus hohem Komfort und minimalem Gewicht.
Ein weiteres Highlight stellen die LED-Scheinwerfer an Front und Heck dar. Ähnlich wie im Tacho des BMW 7er sind die vorderen Scheinwerfer komplett schwarz, wenn sie nicht aktiv sind – erst eingeschaltet tauchen die typischen Corona-Ringe auf.
Die Heckleuchten erscheinen normalerweise durchgehend in rot und sind wie schon erwähnt auch als aerodynamische Elemente integriert. Erst wenn der Blinker betätigt wird, leuchtet der ursprüngliche rote Bereich der LED-Rücklichter orange auf. Dadurch bleibt im ausgeschalteten Zustand ein harmonischer, einfarbiger Streifen erhalten.
Die Türen des Concept Cars öffnen sich spektakulär nach oben und sollen an die Flügel von Vögeln erinnern. Durch das Fehlen von B-Säulen gestaltet sich auch der Einstieg für die Passagiere auf der Rückbank relativ bequem.
Der Fahrer kommt außerdem in den Genuss einer neuen Version des Head Up Displays. Dieses kann nun dreidimensionale Darstellungen realisieren und damit wichtige Informationen in den Vordergrund rücken, während weniger wichtige Dinge auch optisch im Hintergrund platziert werden können. Diese Sortierung erfolgt selbstverständlich in Abhängigkeit vom aktuellen Fahrzustand und ist entsprechend flexibel.
Die Art der Anzeigen ändert sich auch mit dem vom Fahrer gewählten Fahr-Modus. Will er sportlich fahren, rücken andere Informationen in den Vordergrund als beim besonders effizienten oder beim besonders komfortablen Fahren. Außerdem können natürlich jederzeit Warnhinweise im Vordergrund platziert werden, beispielsweise dann, wenn das Night Vision System eine Gefahrensituation erkannt hat.
(Quelle: BMW Pressemitteilung)