Im Rahmen der Pressekonferenz anlässlich der Verkündung des Ausstiegs aus der Formel 1 nach der laufenden Saison haben die Verantwortlichen auch Aussagen zur generellen BMW-Aufstellung im Motorsport getroffen.
Besonders interessant ist dabei die Frage nach dem künftigen Engagement im Tourenwagen-Sport. Denn weil man in der Tourenwagen-WM WTCC schon seit einiger Zeit unzufrieden mit dem Reglement ist, das die FIA auch nach Ansicht von Fachpublikationen sehr Seat-freundlich ausgelegt hat, wurde hier schon häufiger über einen möglichen Ausstieg von BMW gemutmaßt.
Auch auf der oben angesprochenen Pressekonferenz blieb ein klares Bekenntnis zur WTCC aus, eventuell erleben wir also ein ähnliches Szenario wie im letzten Winter: Die Entscheidung von BMW wird bis zum letztmöglichen Zeitpunkt hinausgezögert.
Es kommt insofern nicht überraschend, dass deutsche Medien über einen eventuellen BMW-Einstieg in die DTM spekulieren, die sich vor allem in Deutschland großer Beliebtheit erfreut. Die dort vertretenen Marken Audi und Mercedes suchen schon seit Jahren nach einem weiteren Partner, der die Serie endlich noch attraktiver macht.
Seit dem Ausstieg von Opel vor wenigen Jahren wird die DTM von vielen Motorsportfans kritisch als Audi-Mercedes-Werbeveranstaltung betrachtet, dazu kommt die Kritik an den Fahrzeugen. Denn im Gegensatz zur WTCC sind die eingesetzten Boliden nicht einmal ansatzweise seriennah und unter der PKW-Silhouette befindet sich im Prinizp ein Formel-Rennwagen.
Auch die Bedeutung der Aerodynamik ist in der DTM für eine Tourenwagen-Serie sehr wichtig und die Fahrzeuge sind an allen möglichen und unmöglichen Stellen mit Spoilern, Flaps und anderen Hilfsmitteln ausgestattet.
BMW ist allerdings mit der amerikanischen ALMS und den dort fahrenden BMW M3 schon in einer anderen Rennserie vertreten, die es mit der Seriennähe der Fahrzeuge nicht so genau nimmt. Dazu kommt der Fakt, dass die DTM im nächsten Jahr noch einmal mit dem diesjährigen Reglement starten will und stattdessen umfangreiche Regeländerungen für das Jahr 2011 anstrebt.
Damit wäre auch schon etwas über den Zeitpunkt eines möglichen BMW-Einstiegs gesagt: Nicht vor 2011. Denn nur unter einem umfangreich veränderten Reglement würden alle drei Hersteller ungefähr gleiche Startvoraussetzungen haben, unter dem aktuellen Regelwerk dürfte es BMW sehr schwer fallen, ähnlich schnelle Fahrzeuge wie die Konkurrenz zu bauen, die diese bereits seit Jahren weiterentwickelt hat.
Wie Dr. Mario Theissen vielsagend konkretisierte, sei der Begriff Tourenwagen für die Zukunft von BMW Motorsport eventuell zu eng, stattdessen müsse man eher von Produktionswagen sprechen. Unter diese Formel würden dann auch potentielle Einsätze in der DTM fallen, die mit dieser Aussage wohl auch etwas wahrscheinlicher geworden sind.
Auch der Chef des DTM-Ausrichters ITR, Hans-Werner Aufrecht, äußert sich dementsprechend. Seiner Aussage “Ich bin überzeugt, dass unsere Gespräche zu einer guten Lösung führen.” ist zumindest zu entnehmen, dass Gespräche stattfinden. Offenbar denkt man bei BMW Motorsport also derzeit sehr ernsthaft darüber nach, ab 2011 an der Deutschen Tourenwagen Masters teilzunehmen.
Dass sich die beiden bisherigen Alleinunterhalter Audi und Mercedes über etwas mehr Farbe in ihrer Rennserie freuen würden, steht außer Frage. Neben BMW werden unter anderem auch Toyota beziehungsweise dessen Premium-Ableger Lexus Ambitionen auf ein DTM-Engagement nachgesagt.
Die Auswirkungen einer möglichen Zukunft von BMW in der DTM auf die WTCC sind derzeit nur schwierig einzuschätzen. Es ist durchaus denkbar, dass man sich aus der Tourenwagen-WM zumindest werksseitig zurückzieht und sich dort nur noch von Privat-Teams vertreten lässt. Die Aussichten auf eine erfolgreiche Teilnahme an der WM würden dadurch aber erheblich sinken.
Da aber auch für die WTCC ab 2011 ein neues Reglement in Kraft treten wird, bei dem alle Hersteller auf 1,6 Liter große Turbo-Benziner umsteigen müssen, kann auch eine Fortsetzung des dortigen Engagements noch nicht ausgeschlossen werden. Zumindest die Frage nach der korrekten Einstufung der Diesel-Fahrzeuge hätte sich damit erübrigt.
Andererseits müsste BMW Motorsport für das Jahr 2011 gleich zwei brandneue Motoren entwickeln, denn sowohl für die DTM als auch für die WTCC wären logischerweise neue Triebwerke erforderlich. Von dieser Entscheidung hängen dann sicherlich auch die Arbeitsplätze der BMW-Mitarbeiter in München ab, die bisher für die Entwicklung des V8-Motors für die Formel 1 verantwortlich waren.
Das Jahr 2011 würde sich insofern auch gut für einen Wechsel von der WTCC in die DTM eignen, denn man könnte so vermutlich die Werksfahrer aus der WTCC in die DTM übernehmen und würde sich die Entwicklung eines WTCC-tauglichen Motors sparen. Die Zukunft von BMW im Tourenwagen-Sport wird uns also mit einiger Wahrscheinlichkeit noch viele Monate beschäftigen, denn mit einer baldigen Verkündung von Ergebnissen ist unserer Meinung nach kaum zu rechnen.
(Quelle: Welt.de / Bild: BMW)