Über den Klimawindkanal und die Kälteprüfkammer des EVZ haben wir bereits berichtet, nun soll es um den ebenfalls ins Energie- und umwelttechnische Versuchszentrum integrierten Höhenprüfstand gehen. Zunächst mag man sich fragen, weshalb bei der Fahrzeugentwicklung die Höhe eine Rolle spielt und wieso man dafür einen eigenen Prüfstand benötigt, aber die Folgen von höherem oder niedrigerem Luftdruck sind durchaus nicht unerheblich.
Sehr schön deutlich wird das bei folgendem Bild, das uns eine Chips-Tüte auf der Motorhaube des neuen MINI Countryman R60 bei verschiedenen Luftdrücken zeigt. Letztere kann man an der Anzeige an der Wand ablesen. Wie man sich denken kann, geht es beim Höhenprüfstand aber nicht vordergründig darum, die Auswirkungen auf die eventuell an Bord befindlichen Chipstüten zu untersuchen.
Um den Luftdruck in Höhen von bis zu 4200 Metern über dem Meeresspiegel simulieren zu können, ist eine thermisch isolierte Druckkammer nötig, die im Wesentlichen aus 60 Tonnen Stahl besteht. Natürlich lässt sich auch hier die Temperatur in einem Fenster von -30° bis +45° Celsius und die Luftfeuchtigkeit in einem Bereich von 5 bis 80 Prozent relativer Luftfeuchte einstellen. Die Windgeschwindigkeit im Höhenprüfstand beträgt maximal 250 km/h, bis zu einer Geschwindigkeit von 200 km/h funktioniert auch die CVS-Messtechnik für Abgase und Verbrauch. Abgerundet wird das Paket durch ein Solarium mit einer Leistung von 400 bis 1200 W/m², das auch extremste Sonneneinstrahlung simulieren kann.
Für den Fahrer hat der Luftdruck vor allem insofern Einfluss, dass der Motor in großer Höhe an Leistung verliert. Das liegt daran, dass in der dünneren Luft weniger Sauerstoff pro Volumeneinheit enthalten ist, weshalb die Verbrennung weniger gut stattfinden kann. Motoren mit Turbolader sind hiervon weniger stark betroffen als reine Saugmotoren, weil ihre elektronische Motorsteuerung anhand der Verbrennungsprodukte erkennt, dass mehr Sauerstoff benötigt wird und sich auf diese Umweltvariable einstellen kann:
Dabei muss natürlich beachtet werden, dass der Turbolader seine bauartbedingte Höchstdrehzahl nicht überschreitet und Schaden nimmt. In unterschiedlichen Höhen kommen also ganz automatisch andere Laderdrehzahlen zum Einsatz, weil die Motorsteuerung den Mangel an Sauerstoff auszugleichen versucht. Durch die limitierte Drehzahl des Turboladers ist zwar kein völliger Ausgleich des niedrigeren Sauerstoffgehalts möglich, aber immerhin verlieren Turbomotoren bei 3000 Höhenmetern nur 15 bis 20 Prozent ihrer Leistung, während Saugmotoren etwa 30 Prozent der Motorleistung einbüßen.
Die Motorleistung ist allerdings nur einer von mehreren Aspekten, die sich mit dem Luftdruck verändern. Für die Entwicklung und die Einhaltung gesetzlicher Normen ist die Feinjustierung der Motoren auch insofern wichtig, dass die Verbrennung stets auf eine Art und Weise ablaufen muss, die den Vorgaben der länderspezifischen Abgasnormen entspricht.
Berücksichtigt werden muss hierbei die Tatsache, dass der niedrigere Luftdruck auch zu einer veränderten Konsistenz des Kraftstoffs im Tank führt. Hier kommt es vermehrt zu Ausdünstungen, die nicht in die Umwelt entweichen dürfen, sondern mit verbrannt werden müssen. Zu diesem Zweck gibt es ein spezielles Ventil zur Steuerung der Tankentlüftung, dessen Takt an die aktuellen Druckverhältnisse angepasst werden muss. Dasselbe Phänomen ist übrigens auch bei Wasser zu beobachten: Während es in einer Höhe von 0 Metern seinen Siedepunkt bei 100° Celsius hat, siedet es in einer Höhe von 3000 Metern bereits bei 90° Celsius.
Dank des neuen Höhenprüfstands ist es nun noch besser möglich, die Motorsteuerung ideal auf veränderte Umgebungen einzustellen. Das bringt signifikante Vorteile beim Verbrauch und bei der Leistungsabgabe und somit echten Kundennutzen. Die neuen Vierzylinder-Benziner mit Turboaufladung, wie sie erstmals in der neuen BMW 1er-Reihe F20 zu sehen sein werden, dürften hier besonders stark profitieren. Einen Vorgeschmack liefert schon jetzt das Triebwerk des MINI Cooper S Countryman, das über einen TwinScroll-Turbolader, Direkteinspritzung und Valvetronic verfügt und trotz einer Leistung von 184 PS lediglich 6,3 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer verbraucht. Nach unseren Informationen werden wir diesen Motor definitiv auch im nächsten BMW 1er sehen – natürlich wird er zu diesem Zweck an den Längseinbau und den Heckantrieb adaptiert werden müssen, denn an dieser Bauart wird nicht gerüttelt.